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Der Brenner Klaus Jung aus Teningen kennt sich aus mit alten Obstsorten. Mit Früchten, die große Erzeuger nicht anrühren, weil sie nicht lagerfähig sind, manchmal nicht bilderbuchmäßig aussehen und viel Zeit für die Ernte beanspruchen. Die aber ganz besondere Eigenschaften und Aromen für die Fruchtsäfte und Brände mitbringen, die er in seiner Brennerei etwa 20 Kilometer nördlich von Freiburg herstellt.

Die Gelbmöstlerbirne ist so ein Kandidat, aus der Jung seit langem einen Saft herstellt: „Man kann sie nicht vom Baum schütteln, sie muss von selbst runterfallen, denn nur dann ist sie reif und schmeckt.“ Die Sorte ist gerbstoffreich und solange sie grün ist, schmeckt sie nicht. Erst durchs Reifen bauen sich die Gerbstoffe ab. Über fünf, sechs Wochen hinweg sucht Klaus Jung deshalb regelmäßig auf dem Boden unter seinen Bäumen nach Früchten, legt grüne Exemplare wieder zum Nachreifen in die Wiese und kommt am nächsten Tag wieder. „Je sorgfältiger man bei der Ernte arbeitet, desto gesünder und wohlschmeckender ist das Produkt“, sagt Klaus Jung, der vor über 25 Jahren sein Hobby zum Beruf gemacht hat und seitdem als leidenschaftlicher Streuobstmoster und Brenner am Westrand des Schwarzwaldes arbeitet.

Geduld braucht Klaus Jung auch für sein jüngstes Erzeugnis, den „Birnoh“, einer Verbindung aus einem hochprozentigen Ur-Destillat und einem frisch gekelterten Birnensaft, die dann gemeinsam in einem Eichenfass reifen. Mindestens zwei Jahre vergehen, bis er in Flaschen abgefüllt werden kann. Das Ergebnis ist ein milder, 18-prozentiger Aperitif mit intensivem Fruchtaroma, der seine gewisse Süße allein dem Saft verdankt.

Die Inspiration zum Birnoh kommt aus Frankreich

Die Idee zu diesem neuartigen Getränk hatte Günther Schäfer aus Radolfzell am Bodensee. Auch er ist Fan der alten Obstsorten und ihrer Aromen. Während eines Urlaubs in Frankreich hörte er die Geschichte zur Entstehung des Aperitifs Pineau:  Eines Tages vergaß ein französischer Winzer, dass er sein Fass bereits mit einem hochprozentigen Weinbrand gefüllt hatte. Er goss frischen Traubensaft hinein und wunderte sich, dass der Most nicht anfing zu gären. Als er irgendwann die Mischung probierte, die im Fass lagerte, war er angenehm überrascht. Durch diesen Zufall soll im Westen Frankreichs der Aperitif „Pineau de Charentes“ aus Cognac und Traubenmost erfunden worden sein.

Davon ließ sich Schäfer, der schon zuvor Getränke aus Saft und Schnaps kreiert hatte, inspirieren – sowohl hinsichtlich der Herstellung als auch beim Namen. Allerdings verwenden alle vier Betriebe, die inzwischen zu der von ihm initiierten „Birnoh-Gilde“ gehören, keine Trauben, sondern die fruchtig-herbe Gelbmöstlerbirne, die Schweizer Wasserbirne und die würzige Oberösterreicher Weinbirne – alles Sorten, die seit über hundert Jahren auch im Schwarzwald zuhause sind. Der „Birnoh“ leistet damit einen Beitrag zum Erhalt der wertvollen Hochstammbäume und Streuobstwiesen.

Alle vier Hersteller arbeiten nach gemeinsamen Qualitätsvorgaben. In welchem Verhältnis sie die drei Birnensorten mischen, bleibt ihnen allerdings selbst überlassen. „Das hängt auch von der Ernte jedes einzelnen ab und variiert jedes Jahr“, sagt Klaus Jung. Es sei jedenfalls spannend, wenn sich die vier Erzeuger zur gemeinsamen Verkostung ihrer „Birnohs“ treffen „und wir die Unterschiede schmecken, die uns die Natur vorgibt“. 

Mehr Infos:

Über seine Streuobstsäfte und den Cidre informiert Klaus Jung auf der Internetseite www.jung-saefte.de, mehr zu den Bränden erfahren Sie unter www.brandjung.de. Erhältlich sind seine Brände und der „Birnoh“ über den Onlineshop, in Läden der Region und bei verschiedenen Gastronomen, die seine Produkte ausschenken. Mehr Infos zur „Birnoh“-Gilde unter www.birnoh.de.

Text: Claudia List