Architektur / Stadtplanung
dauner rommel schalk architekten, Stuttgart
Bauherrschaft
Stadt Bräunlingen
Fertigstellung
2012
Auszeichnungen
Bauwerk Schwarzwald e.V. Architekturroute 2022, Beispielhaftes Bauen 2013
Geschichte und Aufgabenstellung
Die im Mittelalter gegründete Stadt Bräunlingen blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Kennzeichnend ist die noch gut ablesbare mittelalterliche Stadtstruktur mit ihren ungewöhnlich weiten Straßenräumen sowie die homogene mitunter auch historische Bausubstanz der Altstadt.
Die Fertigstellung der Umgehungsstraße befreite die Innenstadt vom Durchgangsverkehr und eröffnete die Möglichkeit einer Stärkung des mittelalterlichen Stadtkerns durch Reduzierung der Fahrbahnbreiten. Der 2005 ausgelobte Ideen- und Realisierungswettbewerb hatte zur Aufgabe, die Freiflächen zwischen den Häuserzeilen neu zu gestalten. Realisiert wurden bis 2011 die Bauabschnitte Kelnhofplatz, Zähringerplatz, Kirchplatz sowie alle dazwischenliegenden Freiflächen.
Entwurf / Platzgestaltung
Kelnhofplatz:
Der Kelnhofplatz ist die Keimzelle der Stadt Bräunlingen. Hier stand im frühen Mittelalter die Ortsburg. Das denkmalgeschützte Gebäude des Kelnhofmuseums sowie Reste des ehemaligen Burgzugangs dominieren den Stadtraum. Ein einheitlicher Granitbelag von Haus zu Haus stärkt den neu gewonnenen Platz. Der ehemalige Burgzugang wurde durch die Ergänzung mit zusätzlichen Stufen und Sitzblöcken aufgewertet und ist nun der Dreh- und Angelpunkt des Platzes. Der für die Fasnet wichtige Ort des Hexenfeuers wird durch einen Kreis aus altem Wackenpflaster erlebbar gemacht. Drei Lichtstehlen markieren das nicht mehr existente ehemalige Waldtor und weisen dem Autofahrer den Zugang zur Altstadt.
Zähringerplatz:
Kernstück des neuen Platzes ist ein Denkmal, das an das mittelalterliche Geschlecht der Zähringer erinnert. Bräunlingen stand im frühen Mittelalter unter dem Einfluss der Herzöge von Zähringen und ist heute wieder mit Städten in Süddeutschland und in der Schweiz eng verbunden, die eine ähnliche Vergangenheit hatten. Eine Lichtinstallation, die von der Horizontale in die Vertikale übergeht, symbolisiert mit seiner Ikonographie gleichermaßen die Thematiken Schwarzwald, Silberbergbau, das so genannte Zähringerkreuz sowie die Stadtgründung im Allgemeinen. Die lineare Struktur der im Boden verlaufenden LED-Lichtlinien geht in eine im Grundriss kreuzförmige Edelstahlstehle über. Eigens dafür entworfene Infotafeln und Sitzelemente komplettieren das Ensemble.
Kirchplatz:
Die östliche Zähringerstrasse zwischen Mühlentor und Katholischer Kirche ist der am stärksten frequentierte Bereich der Stadt Bräunlingen. Es bestand ein dringender Bedarf an ausgewiesenen Parkplätzen, einer ausgebauten Bushaltestelle inklusive Überdachungen sowie eines durchgängigen Gehwegs. Das mächtige Erscheinungsbild der Kirche wird durch die neue Treppenanlage des Kirchplatzes aufgefangen und in das Umfeld eingebunden. Ein erhöhter Platzbereich direkt vor der Kirche unterstreicht die Prominenz des Ortes und wirkt wie eine Tribüne im städtischen Leben. Eine Wasserrinne auf der gegenüber liegenden Seite erinnert an einen prähistorischen Bachlauf, der einst diesen Bereich querte.
Der Ort für das Gedenken an die Toten der Weltkriege wurde vom Friedhof an die Seitenfassade der Kirche und damit ins Herz der Bräunlinger Altstadt verlegt. Feine Bohrungen in den Edelstahltafeln bilden konzentrische Kreise, die die oftmals weitab von Bräunlingen gelegenen Orte des Todes symbolisieren. Nachts leuchten die Punkte zur Erinnerung und Mahnung.
Unterm Strich
Großes Augenmerk ist auf das harmonische Zusammenspiel zwischen Alt und Neu gelegt. Das Ergebnis der drei Bauabschnitte zeigt, dass die Aufwertung des öffentlichen Raums, die Schaffung von Aufenthaltsorten sowie die Errichtung stadtgeschichtlicher Identifikationspunkte auf große Akzeptanz der Bevölkerung gestoßen ist. Sowohl Tourismus wie auch Einzelhandel und Gastronomie haben vom neuen Erscheinungsbild der Stadt profitiert.
Text und Zusammenstellung von Bauwerk Schwarzwald e.V.
