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Keine Frage, Fox Schwörer fällt auf: Orange leuchtende Haare, exzentrisches Brillengestell, Nasen-Piercing, himbeerfarbenes Haus in einer sonst eher gewöhnlichen Siedlung in Neustadt. Und ein ins Ohr tätowierter Gecko, der viel erzählt über die Kompromisslosigkeit, mit der die Künstlerin sich selbst treu bleibt: Denn stechen lassen hat sie ihn sich als Au-Pair mit Anfang 20 in New York und abhalten lassen hat sie sich schon gleich gar nicht vom bärigen Chef des Tattoo-Studios. Der nämlich meinte fürsorglich, dass er in den vergangenen zwei Jahrzehnten vielleicht fünf Ohrmuscheln tätowiert habe und viele der Tätowierten aufgrund des sensiblen, nervenbahndurchsetzten Bereichs ohnmächtig wurden. Ob sie diesen Plan also wirklich umsetzen wolle? Auf jeden Fall!

Aufgewachsen ist die 1982 geborene Fox „fernab von allem am Arsch der Welt“, wie sie lachend erzählt, auf einem Bauernhof in Waldau im Hochschwarzwald. Schon früh ist ihr klar, was für einen Job sie später mal haben möchte: „Einen, bei dem ich Sachen schönmachen kann.“ Sie experimentiert mit einem kleinen Stempelset, gibt eine eigene kleine Zeitung heraus, der Kunst-Weg ist vorgezeichnet. Ihre Eltern aber stellen sich eher etwas Solideres vor. Fox geht nach der Schule gewissermaßen aus dem Stand erstmal ins Ausland, Au-Pair im pulsierenden New York. Durchsetzungsstark beharrt sie nach ihrer Rückkehr auf ihrem Wunsch, auch, als es mit einem Platz bei einer der extrem nachgefragten staatlichen Kunst-Schulen (circa 800 Bewerbungen auf 20 Plätze) knapp nicht klappt. Sie studiert von 2004-2009 tagsüber Grafik-Design und Illustration an der freien FGS Freiburg und finanziert sich das durch nächtliches Arbeiten bei einer Bäckerei, die Zugfahrt morgens nach Freiburg nutzt sie zum Schlafen. „Das hat mich viel Kraft gekostet, ich weiß gar nicht mehr, wie ich das überhaupt geschafft habe“, sagt Fox rückblickend. Dennoch schließt sie als eine der Besten mit voller Punktzahl ab. Gefordert war als Abschlussarbeit ein Firmenbranding, Fox schwebt aber etwas deutlich Kreativeres vor: Sie schreibt und illustriert „Die wundersamen Abenteuer von Motz dem Kater und seinem Hund Dosenbier“, eine „irrwitzige Fantasy-Geschichte“. Und entwirft quasi nebenbei noch das Branding für den fiktiven Verlag, bei dem das Buch erscheinen könnte. Noch heute ist ihr Buch und ein begleitender Dokumentationsband in ihrer ehemaligen Freiburger Hochschule als ein Best Practice-Beispiel ausgestellt.

Klar war immer: Die Karten dürfen nicht nur schön sein, sondern müssen auch gut spielbar sein und manche Anordnung der Karten ist einfach gesetzt, das darf man nicht ändern

Fox Schwörer

 

Bauernschlau und wunderfitzig (neugierig) – Eigenschaften, die man Schwarzwäldern ohnehin gerne zuschreibt – ist sie auch bei ihrem neuesten Projekt vorgegangen: Ein Jahr hat sie letztlich an dem neuen Design des Schwarzwald-Cegos gearbeitet. Aber nicht einfach blind damit losgelegt, sondern Fox hat sich erstmal mit Feldberg-Ranger Achim Laber ausgetauscht, was er von dieser Erneuerungs-Idee eigentlich hält. Denn Laber gehört wie die Kabarettisten Martin Wangler („Fidelius Waldvogel“) und Nikolaus König („Bure zum Alange“) zu den auch in der Öffentlichkeit präsenten „Bewahrern“ des jahrhundertealten Spiels, die es lebendig halten wollen und allen Interessierten bei einem Kurs eine Einführung in geselliger Runde in die komplexen Spielregeln geben. Und hätte Laber reserviert reagiert, gäbe es die neuen 54 Cego-Karten sicher nicht. Aber Laber war gleich begeistert. Und Fox machte sich an die Arbeit, studierte Tiere im „Schwarzwaldzoo“ in Waldkirch und besuchte die Trachtenschneiderin Stefanie Kunert im Glottertal, um alles so genau wie möglich und korrekt dann in ihrem „Kritzelkratzel“-Stil („gewissermaßen ein Running Gag, weil ich im Studium keine gerade Linie zeichnen konnte und meinen Dozenten zur Weißglut getrieben habe“) auf dem digitalen Zeichenbrett wiederzugeben. Könige, Damen und Buben tragen nun Schwarzwälder Trachten und traditionelle Arbeitskleidung wie die des Glasbläsers. Die Trümpfe zieren einheimische Tiere wie Dachs, Auerhuhn, Hinterwälder Rind und Luchs. Und klar, Ehrensache: Nikolaus König schmückt den Kreuz-Buben, Achim Laber den Einser-Trumpf und Martin Wangler den „Gstieß“, den höchsten Trumpf. 3000 Exemplare hat Fox drucken lassen – aktuell kommt sie kaum hinterher, die Bestellungen abzuarbeiten – und bislang nur positive Resonanz dazu erhalten: Die Karten seien nicht nur schön, sondern auch gut zu greifen, leichter zu erkennen und extra beschichtet, um besonders langlebig zu sein (und auch nicht vor einem Schluck Bier in die Knie zu gehen). „Klar war immer: Die Karten dürfen nicht nur schön sein, sondern müssen auch gut spielbar sein und manche Anordnung der Karten ist einfach gesetzt, das darf man nicht ändern“, sagt Fox dazu.

 

Kennengelernt hat Fox das Kartenspiel, das seit rund 200 Jahren gespielt wird, von ihrer Oma. „Sie war eine begeisterte Cego-Spielerin und hat es uns Enkeln beigebracht, so dass sie immer Mitspieler hat und im Winter nicht rumfahren muss.“ Ein Käpsele war Fox eher nicht („Ich war das talentloseste Kind, das am Tisch saß“), das weckte aber nur den Ehrgeiz der Oma, so dass sie mit Fox dann um etwas Geld spielte, weil sie es laut ihrer Oma so schneller lernen würde. Nicht verwunderlich, dass Fox also erstmal längere Zeit nichts mehr wissen wollte von diesem Spiel, das in den letzten Jahren – auch durch den Einsatz von Laber, Wangler, König, VHS-Kursen, regionalen Gruppen und natürlich dem Verein Cego-Schwarzwald aus Bräunlingen – auch wieder neue, jüngere und vor allem auch weibliche Spieler dazugewinnen konnte. Und während des Corona-Stillstands kam bei ihr dann in Erinnerung an ihre Oma die Idee mit dem neuen Design. „Ich bin freudig überrascht, welch große Resonanz meine Karten erfahren und es macht mich stolz, wenn ich einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, dass das Spiel weiter bekannt bleibt und sich neue Spieler finden.“ Wenn sie selbst am Spieltisch Platz nimmt, behilft sie sich beim Regelwerk mit dem Spickzettel vom VHS-Kurs.

Seit 2010 ist Fox selbständig auf dem umkämpften Markt der Grafik-Designer und Illustratoren, arbeitet international für Verlage und Agenturen, Galerien und Kunstsammler, Unternehmer, Privatmenschen und Trendsetter aller Couleur. Eigenständigkeit, Wiedererkennbarkeit und Kreativität zeichnen ihre Arbeiten aus. „Jede Zeichnung trägt meine Handschrift. Ich halte flüchtige Momente fest und kultiviere den Blick dahinter“, sagt sie. Denn ein Bild soll mehr aussagen als das auf den allerersten Blick Erkennbare. Bei ihren Porträts nimmt sie sich vorab viel Zeit fürs Kennenlernen, stellt Fragen, entwirft Skizzen, um den Fox-Stil mit Geschichten und Erinnerungen des Porträtierten zu einem individuellen Kunstwerk zu verbinden. Und wenn sie feststellt, dass ihr jemand vorgeben möchte, wie oder was sie malen soll: „Sorry, dann bin ich nicht die Richtige für das Porträt.“

Was nun noch zu beantworten wäre: Nein, das Bewusstsein hat Fox beim Tätowierer damals nicht verloren. Obwohl sie nach dem Studium die Möglichkeit für einen Job in New York gehabt hätte, ist sie dem Schwarzwald treu geblieben – weil sie just zu diesem Zeitpunkt ihren heutigen Mann kennengelernt hat. Und dank der orangen Haare und dem Spitznamen Fuchs entstand ihr Künstler-Name Fox, ihre Kunst gibt es unter www.fox-grafik.net. Das neue Schwarzwald-Cego von Fox Schwörer kostet 30 Euro und ist erhältlich unter www.schwarzwaldcego.de

Schwarzwald-Cego

Cego

Badisches Kartenspiel

Cego ist das traditionelle Badische Kartenspiel, welches seit rund 200 Jahren mit tarockähnlichen Karten gespielt wird. Erfunden wurde es von badischen Soldaten, die im napoleonischen Krieg in Spanien mit Tarock-Karten herumexperimentierten. Früher wie heute spielten es die Schwarzwälder vorwiegend in den langen Wintermonaten daheim oder in den Wirtshausstuben. Es wird mit drei bis vier Spielern gespielt, als Hochburgen gelten der Hochschwarzwald und der Schwarzwald-Baar-Kreis, bekannte Spiel-Orte sind u.a. Bräunlingen, Oberried und der Hüfinger Ortsteil Mundelfingen sowie Simonswald, dort wird eine eigene offene Meisterschaft mit mehreren Turnieren ausgetragen. Die Regeln erinnern an Skat. Es ist aber deutlich variantenreicher und das Glückselement ist stärker ausgeprägt. Gespielt wird mit 54 Cego-Karten, bestehend aus 22 Trümpfen, 16 Bildern und 16 Leeren, was allein das Betrachten der Karten sehr reizvoll macht. Alle Infos zur Geschichte des Spiels, zum Spielablauf, den Regeln und Online-Spielmöglichkeit unter www.cego.de

Der Verein Cego-Schwarzwald aus Bräunlingen ist Organisator der Cego-Schwarzwaldmeisterschaft und richtet ähnlich wie die VHS Cego-Lehrgänge für Anfänger und Fortgeschrittene aus: www.cego-schwarzwald.com

Text: Michael Gilg

Fotos: Fox/Birgit-Cathrin Duval