Architektur / Stadtplanung
Architektur³. WerkGruppe 1 Holding GmbH, Gutach im Breisgau
Bauherrschaft
Klaus Wehrle
Fertigstellung
2018
Auszeichnungen
Bauwerk Schwarzwald e.V. Architekturroute 2022, Beispielhaftes Bauen Landkreis Emmendingen 2009-2018, Urkunde Gold, Effizienzpreis Bauen & Modernisieren Baden-Württemberg, in der Kategorie Modernisierung im Denkmalschutz, Nominierung Dr. Ursula Broermann-Preis für beispielhaftes barrierefreies Bauen 2019
Geschichte
Der historische Gutshof der Firma Gütermann wurde 1908 erbaut. Ursprünglich diente er als landwirtschaftliches Produktionsgebäude für die Nahrungsmittelversorgung der Familie Gütermann und ihrer Mitarbeiter. Zeitweilig waren dort über 100 Kühe untergebracht. Außerdem züchtete man Schweine und Hühner. In den 1950-er Jahren wurde die Nutzung aufgegeben. In den letzten Jahrzenten verfiel das für den Ortskern bedeutende Gebäude immer mehr und stand vor dem Abbruch.
Der „Nordflügel“ wurde im Erdgeschoss ehemals als Pferdestall, Werkstatt und Lager genutzt. Im Obergeschoss und den Dachgeschossen waren neben einer Wohnung für Landarbeiter die Scheune sowie der Hühnerstall untergebracht.
Entwurf
Dieser Gebäudeteil wurde 2017/18 komplett saniert und umgebaut. Dabei waren die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die Idee „alle unter einem Dach“ sowie die Etablierung eines Bürgertreffs entwurfsbestimmende Themen. Neben dem Wohnen über alle Generationen hinweg dient das Gebäude auch Menschen mit Handicap und geflüchteten Menschen als Wohnraum. Im historischen Pferdestall wurde ein barrierefrei zugänglicher Bürgertreff eingerichtet, welcher den Bewohnern und der gesamten Bevölkerung im Dorf zur Verfügung steht.
Material / Konstruktion
Ab dem 1. OG ist das Gebäude ein reiner Holzbau. Die Holzbauteile wurden vorgefertigt und an der Baustelle lediglich montiert. Aus Gründen des Denkmalschutzes wurden die neuen Bauteile in die bestehende Bausubstanz eingefügt, quasi als Haus im Haus. Die vorhandene Gebäudekonstruktion (tragende Holzbinder) wurde mitverwendet und durch neue Bauteile ergänzt. Die Wohnungen sind hochwertig ausgestattet (Fußbodenheizung, Holzfenster, Parkettböden).
Nachhaltigkeit / Energiekonzept
Durch die Verwendung von bestehender Bausubstanz wird bereits ins Gebäude eingesetzte Energie (graue Energie) mitgenutzt. Das Gebäude wurde als KFW-Energieeffizienzhaus 100 saniert und erfüllt damit die Anforderungen an einen Neubau. Nicht nur wegen des Anschlusses an eine gemeinschaftliche Holzpelletsheizung werden viele Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. Die Heizanlage versorgt zudem über 50 weitere Wohnungen aus der Nachbarschaft mit Energie. Holz- und Lehmbaustoffe ergänzen das Konzept.
Unterm Strich
Das Gebäudeensemble prägt nicht nur aufgrund seiner Höhe von 18 Metern den Ortsmittelpunkt seit Jahrzehnten. Das unter Denkmalschutz stehende Fachwerkgebäude ist mittlerweile auch Wahrzeichen und Identifikationsobjekt des Ortes. Vor allem die Hoffläche wurde und wird als Treffpunkt im Ort genutzt. Seit der Sanierung kompensiert hier auf Gutshofplatz ein Wochenmarkt mit heimischen Produkten (Gemüse, Obst, Fleischwaren und Brot) die fehlenden Einkaufsmöglichkeiten im Ort.
Das Projekt wurde in einem Bauteam umgesetzt, in dem Architekten, Ingenieure und Handwerksunternehmen kooperativ und auf Augenhöhe zusammenarbeiteten. Auf diese Weise konnten das Fachwissen aller Beteiligten systemisch genutzt und die vielen Schnittstellen optimiert werden. Bei einer Bauaufgabe dieser Komplexität ist das ein großer Vorteil. Trotz der anspruchsvollen Sanierungsaufgabe (denkmalgeschütztes Gebäude) konnten die Baukosten eingehalten werden.