Faszination Flipper

In Yves Mucks Museum blinkt, klingelt und knallt es gewaltig: Rund 50 Flipperautomaten aus verschiedenen Jahrzehnten hat er in Eschbach versammelt. Besuchern erzählt er von der Geschichte der Geräte, ihren Besonderheiten – und es darf ausgiebig gespielt werden! Von Claudia List

Flippermuseum Eschbach_Yves Muck

Seit mehr als 30 Jahren sammelt Yves Muck Flipper. Die Geräte im Museum sind nur ein Teil der Sammlung. – © Claudia List

Container

Mit einem lauten Klacken schießt die silberne Kugel die schmale Bahn hinauf und hinein ins Spiel. Sie rollt über die schräge Fläche des Flipperautomaten und je nachdem, wohin sie geschlagen wird, dudelt, knallt und rattert es. Schon eine Handvoll Spieler bringen die kleine Halle zum Klingen: Es bimmelt, dröhnt, dumpfe elektronische Stimmen ertönen und Bildschirme flimmern. 

Rund 50 Geräte aus verschiedenen Jahrzehnten und zehn Arcade-Maschinen und Musikboxen hat Yves Muck in seinem Flippermuseum in Eschbach südlich von Freiburg aufgestellt: aufgereiht entlang der Wände in einer ehemaligen Squashhalle. Ein schmuckloses Ambiente, aber sobald Yves Muck seine Flipper einschaltet und anfängt zu erzählen, ist das Nebensache.

Jahrzehntelange Sammelleidenschaft

Der Breisacher sammelt sie seit über 30 Jahren. Nur einen Teil seiner Schätze hat er in dieser Halle untergebracht, deren Türen er für interessierte Besucher öffnet. An den meisten Geräten dürfen sie auch spielen – und viel Interessantes von Yves Muck über die Geschichte der Automaten erfahren, die „Twilight Zone“, „Monsters“ oder „Kiss“ heißen. Manche sind schlicht gestaltet, andere zieren bunte, phantasievolle und auch schrille Motive. Muskelbepackte Helden sind zu entdecken und viele Motive aus bekannten Kinofilmen, wie „Star Wars“, Yves Mucks erster eigener Flipper.

Den „Alligator“ von 1966 kennt er schon besonders lang: Er stand im Freibad in Breisach, das er als Jugendlicher besuchte. Muck öffnet den elektromechanischen Flipper und spricht von den Tausenden Relais im Inneren: „Sie zu reparieren ist die Hölle.“ 1978 kamen die ersten LED-Displays auf, wie bei „Dolly Parton“: „Der Flipper ist zwar nicht besonders schön, aber ich hänge an ihm, denn bei ihm habe ich als 13-Jähriger regelmäßig mein Taschengeld verspielt.“ Um 1980 erschien mit „Gorgar“ das erste Modell, das sprechen konnte. In Mucks Halle findet sich auch das Modell „Xenon“, der erste Flipper mit einer weiblichen Stimme und eine Frau ist auch auf dem Kopfteil zu sehen.

Schon als Student kaufte Muck Flipper, die er reparierte, reinigte und wieder in Schuss brachte. Drei Exemplare waren jedoch zu viel für sein kleines Wohnheimzimmer. Er musste eines verkaufen und stellte dabei fest, dass er auf diese Weise sein Studium finanzieren konnte. Als er später in den Beruf einstieg – heute arbeitet er als Automatisierungsexperte für die Pharma- und Lebensmittelindustrie – wurden die Spielgeräte zum Hobby. Eines, das mittlerweile immer mehr Menschen mit ihm teilen: Flipper erleben eine Renaissance.

Regelmäßig reisen Sammler an, dann wird gefachsimpelt und gemeinsam beugt man sich über geöffnete Geräte und tauscht sich über die Technik im Inneren aus. Man muss aber kein Experte sein: Yves Muck erklärt in seinem Museum auch ganz grundlegende Dinge: dass „Outholes“ die Löcher sind, in die die Kugeln reinfallen und später wieder ins Spiel katapultiert werden. „Drop Targets“ heißen die Zielscheiben, die versinken, nachdem sie getroffen wurden. Seinen Namen hat der Flipper hierzulande von den Hebeln bekommen, die auf Englisch „Flipper“, also Flossen, genannt werden. Solche Automaten wurden in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg hergestellt, in den 1960er-Jahren erreichte die Flipper-Welle auch Deutschland und in den 1970er-Jahren boomten die Geräte.

In den 1980er-Jahren wuchs die Konkurrenz durch Spielautomaten und Videospiele, deshalb versuchten die Hersteller, die Flipper interessanter zu gestalten. Auch dafür hat Yves Muck Beispiele in seiner Halle, wie das Modell „Space Invaders“, das deutlich breiter ist als frühere Geräte und zwei Spielebenen hat. Neue technische Möglichkeiten eröffneten immer mehr Varianten – bis hin zum Versuch, den klassischen Flipper mit einem Videospiel zu kombinieren.

Dabei entscheidet nicht allein die Technik, ob ein Flipper gut ist: Dazu müssen die Spielmöglichkeiten und die Optik passen – Yves Muck spricht von Gameplay und Artwork. „Es gibt sogar Flipper, die von Künstlern wie Picasso oder dem Schweizer HR Giger gestaltet sind“, sagt er. Auch seinen „Fathom“, auf dem zwei Meerjungfrauen einen Taucher umschlingen, schätzt er wegen der schönen Gestaltung.

Heute sind Flipper aus vielen Lokalen verschwunden: „Das liegt an der hohen Vergnügungssteuer und der Konkurrenz durch Videospielkonsolen“, erklärt Yves Muck. Dabei wächst das Interesse an Flipperautomaten wieder stetig und vielleicht sind sie irgendwann auch wieder in Kneipen zu finden. Bis dahin können Fans in Yves Mucks Halle spielen. Weil der Platz in Eschbach zu klein wurde, stehen ein paar seiner Sammlerstücke mittlerweile in Breisach am Westrand der Ferienregion: In einem alten Kesselhaus – zusammen mit einigen Oldtimern. Am liebsten wäre es ihm aber, er fände eine Gemeinde, die ihm 200 bis 300 Quadratmeter Platz bieten könnte: Dort würde er ein richtiges Museum mit regelmäßigen Öffnungszeiten schaffen, in dem all seine Geräte versammelt sind – ein Ziel für alle Flipperfans.

Flippermuseum

Auf Anfrage öffnet der Sammler Yves Muck Besuchern seine Halle in Eschbach bei Heitersheim südlich von Freiburg, dort darf auf den meisten Geräten auch gespielt werden und er kann viel zu den Flippern erzählen. Wer sein Museum besuchen will, wendet sich am besten per Mail an ihn: fathom@gmx.de, mehr Infos unter: www.flipper-museum.net

Retro Games e.V. in Karlsruhe

Die Ausstellung von RetroGames e.V. in Karlsruhe umfasst über 70 originale Videospielautomaten, verschiedene Flipper sowie einen Querschnitt durch 30 Jahre Videospielgeschichte. Ergänzt wird das Angebot durch klassische Videospielkonsolen und Homecomputer sowie diverse Print-, Musik- und Filmmaterialien. Alle Spiele bei RetroGames e.V. können während der Öffnungszeiten gegen einen kleinen Unkostenbeitrag ohne Münzeinwurf gespielt werden. Aktuelle Infos unter www.retrogames.info

Claudia List

Über die Autorin

Claudia List 

Claudia List hat Journalismus und Betriebswirtschaft studiert, bei einer Tageszeitung volontiert und viele Jahre als Reiseredakteurin bei einer Wochenzeitung gearbeitet. Sie lebt in Stuttgart und schreibt als freie Journalistin in Zeitungen, Magazinen und Büchern über die erlebnis- und genussreichen Seiten Baden-Württembergs. Dabei haben es ihr besonders die Mittelgebirge im Lande angetan. Sie ist Chefredakteurin eines Magazins über die Schwäbische Alb, schreibt aber genauso gern über die spannenden Themen, die der Schwarzwald bietet: Dafür verbringt sie mit Vergnügen eine Nacht im Baumzelt, wandert durch die Landschaft, folgt den Spuren eines Dichters, trifft Winzer sowie andere Genusshandwerker und besucht Dorfgasthäuser.