Auf den Spuren der Demokratiebewegung
Freiheit im demokratischen Sinne hat im Schwarzwald eine lange Tradition, nicht erst seit der Badischen Revolution 1848/49, deren Beginn sich 2023 zum 175. Mal jährt. Noch heute kann man sich in der Ferienregion auf die Spuren der Revolutionäre und ganz allgemein der Demokratiebewegung machen. Von Michael Gilg
„Die 13 Forderungen des Volkes“ 1847
Im Offenburger Gasthaus „Salmen“ verkündeten am 12. September 1847 die „entschiedenen Freunde der Verfassung“ um Friedrich Hecker und Gustav Struve die „13 Forderungen des Volkes“, sozusagen die badische „Bill of Rights“, Deutschlands ersten freiheitlich-demokratischen Grundrechtekatalog. Zu ihren Forderungen gehörten u.a. Wohlstand, Bildung und Freiheit für Alle.
Badische Revolution 1848/49
Auch in der Badischen Revolution 1848/49 nahmen Hecker und Struve Führungsrollen ein: Beim sogenannten Heckeraufstand planten sie, von Konstanz aus zu Tausenden in Karlsruhe einzumarschieren und im Großherzogtum Baden eine Republik zu errichten. Am Ende waren es 800, und die wurden bei Kandern am 20. April 1848 von Bundestruppen aufgerieben. Hecker floh in die Schweiz und über Frankreich nach Amerika, wo er sich in St. Louis niederließ. Struve initiierte in Lörrach am 21. September 1848 einen zweiten Aufstand, der aber nach drei Tagen in Staufen niedergeschlagen wurde. Andere Revolutionäre verbündeten sich 1849 mit den aufständischen Soldaten in den Kasernen, übernahmen die Regierungsgewalt und verschanzten sich in der Festung Rastatt. Herbeigerufene preußische Truppen nahmen diese nach dreiwöchiger Belagerung am 23. Juli 1849 ein, die Revolution war beendet. Tiefergehende Einblicke ermöglicht die Sonderausstellung zur Badischen Revolution im Dreiländermuseum in Lörrach, zu sehen bis 19. Mai 2024 (www.dreilaendermuseum.eu). Mehr Infos zur Geschichte unter www.badische-revolution1848.de
Die Revolution von 1848/49 verlief im Großherzogtum Baden besonders stürmisch und auch die Residenzstadt Karlsruhe wurde zum Schauplatz revolutionärer Ereignisse. Diese werden hier vorgestellt.
In Offenburg, Rastatt, Lörrach und Karlsruhe gibt es zahlreiche Möglichkeiten, in die Demokratiegeschichte einzutauchen:
Offenburg – „Wiege der Demokratie“
Die Stadt gehört zweifellos zu den wichtigsten europäischen Orten der Demokratiegeschichte und wird gerne als „Wiege der Demokratie“ betitelt. Als moderne, interaktive Erlebnis- und Erinnerungsstätte der Demokratiegeschichte wurde der „Salmen“ im Mai 2022 neu eröffnet. Das Thema „Badische Revolution“ wird im „Museum im Ritterhaus“ anschaulich dargestellt. Zudem gibt es vier verschiedene Rundgänge, auf denen man einige Orte und Personen kennenlernt, die mit der Badischen Revolution zusammenhängen. Die 20 Meter hohe Aluminiumskulptur „Freiheit Männlich/Weiblich“ des Künstlers Jonathan Borofsky auf dem „Platz der Verfassungsfreunde“ wurde von der Offenburger Ehrenbürgerin Aenne Burda gestiftet und erinnert an die Demokratiebewegung. Mehr Infos unter www.offenburg.de
Rastatt – einer der Schauplätze der Badischen Revolution
Die Kasematten in Rastatt sind unterirdische Wehrgänge und Teil der einstigen Festung. Sie wurden 1842 eigentlich gebaut, um die Rheingrenze gegen französische Angriffe zu sichern. Als dann aber 1849 preußische Truppen die Festung Rastatt beschossen, boten sie den Einwohnern Schutz. Heute können die unterirdischen Gänge bei einer Führung besichtigt werden – Sagen und Mythen inklusive. Zudem führt in Rastatt der „Revolutionspfad“ zu 15 markanten Bauwerken und Schauplätzen der Badischen Revolution. Mehr Infos unter www.tourismus-rastatt.de
Lörrach – pittoreskes Städtchen voller Kultur
Die Lage Lörrachs an der Grenze zur Schweiz war maßgeblich für die Demokratieentwicklung in der Region: Das nahe Ausland bot den Revolutionären Schutz vor der Festnahme und war gleichzeitig Nährboden freiheitlicher Ideen. Am 21. September 1848 marschierte Gustav Struve aus Basel mit einem Trupp Freischärler nach Lörrach ein, im Rathaus proklamierte er die Deutsche Republik und erklärte die Stadt zum vorläufigen Regierungssitz. Der „Tag der Demokratie“ wird in Lörrach jährlich mit einer Revolutionsrede und einem vielseitigen Rahmenprogramm gefeiert. Im „Dreiländermuseum“ in Lörrach ist bis 19. Mai 2024 die Sonderausstellung „Der Ruf nach Freiheit – die Revolution 1848/49 und heute“ zu sehen. Sie thematisiert den Einsatz für Demokratie und Menschenrechte, der bis heute nichts von seiner Aktualität verloren hat. Das Dreiländermuseum besitzt die größte Sammlung zur Revolution 1848/49 im deutschen Südwesten. Mehr Infos unter www.dreilaendermuseum.eu
Auch mit dem Rad kann man sich auf die Spuren der Revolutionäre machen: Die Tourenrad-Runde „Rad.Routen.Revolution“ startet in Lörrach, entlang des Wiesentalradwegs geht es von Steinen über den Hägelberg zum Scheideckpass. An diesem historischen Ort wurden Friedrich Heckers Truppen geschlagen. Über Kandern, Fischingen, Binzen und nach einem kurzen Anstieg über den Tüllinger Berg endet die Tour nach rund 45 Kilometern wieder in Lörrach. Für Mountainbiker ist ab Lörrach eine 37 Kilometer lange Runde ausgezeichnet, für E-Biker gibt es eine Variante mit 57 Kilometern. Mehr Infos unter www.loerrach.de
Karlsruhe – „Stadt des Rechts“
Das 1822 erbaute Ständehaus in Karlsruhe war das erste zu diesem Zweck geschaffene Parlamentsgebäude Deutschlands. An seiner Stelle steht heute das Neue Ständehaus, das eine Ausstellung zur Parlaments- und Demokratiegeschichte Badens präsentiert. Besonders bekannt ist Karlsruhe auch als „Stadt des Rechts“: Der „Platz der Grundrechte“, das Bundesverfassungsgericht, die Generalbundesanwaltschaft, die Zivilsenate sowie die überwiegende Anzahl der Strafsenate des Bundesgerichtshofes (BGH) sind in Karlsruhe angesiedelt. Spielerisch erlebbar wird diese Facette bei der spannenden „Tatort Recht“-Stadtrallye: Sie dreht sich um den Karlsruher Münzprägeskandal von 1975. Ausgerüstet mit Smartphone oder Tablet geht es bei dem Outdoor-Exitgame auf Spurensuche durch die Stadt. Mehr Infos unter www.karlsruhe-erleben.de
Über den Autor
Michael Gilg
Der Redakteur der Schwarzwald Tourismus GmbH versucht sich seit ein paar Jahren daran, das riesige Wegenetz im Schwarzwald - meist in seiner Freizeit - zu durchwandern. Kurz gesagt: Ganz durch ist er damit noch nicht...
Was er besonders liebt: Auf den Streifzügen eintauchen in die Geschichte, Tradition und Kulinarik der jeweiligen Region. Ins Gespräch kommen und immer wieder staunen, welch tolle Geschichten die Schwarzwälderinnen und Schwarzwälder zu erzählen haben.
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