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Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.  

Mahatma Gandhi

 

Wie entwickelt man eine Affinität für Müll in der Natur? Gab es ein bestimmtes Erlebnis, das diese Sammelleidenschaft ausgelöst hat?

Coronabedingt zieht es immer mehr Menschen in die Natur. Leider hat das auch Schattenseiten, denn immer mehr Müll wird achtlos liegengelassen. Mir fiel es immer schwerer, an dieser Müllflut einfach nur vorbeizugehen und wegzuschauen. 

Du bezeichnest den Müll als „invasive Arten“. Machst Du da Unterschiede, welche Arten gefährlicher sind als andere?

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„Invasive Arten“ der Kategorie „Plastikus“ sind besonders gefährlich. Unsere Ozeane versinken im Plastikmüll. Plastik gelangt hauptsächlich von Land aus über Flüsse in die Meere. Ein Grund, wieso ich insbesondere auch an der Murg nach diesen Hinterlassenschaften Ausschau halte. Daneben ist Plastik aber auch für unsere heimischen Tiere ein enormes Problem. Ich werde daher zukünftig das Thema „Müllvermeidung“ stärker fokussieren – damit erst gar nicht so viel Müll entsteht.

 

Schaust Du auf Deinen Wanderungen aktiv nach Müll oder fällt er Dir förmlich über die Füße?

Ich glaube kaum, dass ich über mehr Müll stolpere als meine Mitmenschen. Man muss auch nicht mit Lupe und Fernglas bewaffnet aktiv nach Müll Ausschau halten. Es ist ganz einfach: Man muss nur die Augen öffnen und hinschauen. Keiner ist so blind wie der, der nicht sehen will. 

Was war das kurioseste Objekt, das Du gefunden hast? 

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Mir sind zwei „invasive Arten“ in besonderer Erinnerung geblieben: Neben einem Wanderweg lugte ein kleines Plastik-Zipfelchen unter einem Baumstamm hervor. Ich war etwas verblüfft, als ich es nicht einfach aufheben konnte, sondern daran ziehen musste. Nach zehn Minuten Muskelarbeit – Fitness-Studio sei Dank – ist es mir gelungen, diese „invasive Art“ aus dem Erdreich und der Baumwurzel zu befreien. Der kleine Zipfel entpuppte sich als XXL-Plastikplane von zehn Meter Länge und fünf Meter Breite. Bleibt die Frage, wie lange dieser gut getarnte Überlebenskünstler da schon gelegen hat – wenn ein (inzwischen gefällter) Baum mit 50 Zentimeter Durchmesser darauf wachsen konnte…Daneben habe ich eine halbvolle Dose „Bügelfrei“ aus den 50/60er Jahren in tadellosem Zustand gefunden. Ich Glückspilz – nun endlich wird meine Wäsche im Nu faltenfrei…
 

 

Deine Fotos sind schön und verstörend zugleich. Deine Texte besitzen eine Poesie, die betroffen macht und zum Nachdenken anregt. Auf Deinem Instagram-Account folgen Dir mittlerweile mehr als 10.000 Menschen.

Ich versuche die atemberaubende Schönheit des Schwarzwaldes und gleichzeitig die unglaubliche Zerstörungsgewalt des Menschen zu zeigen. Dabei vermeide ich weitestgehend den erhobenen Zeigefinger, sondern versuche mit einem Augenzwinkern die Menschen nachhaltig für das Thema Vermüllung zu sensibilisieren. Menschen sind – so glaube ich zumindest – empfänglicher für Nachrichten, wenn sie positiv und mit einem Schmunzeln vermittelt werden.

Was macht es mit Dir, als Schwarzwälder Müll-Ikone auf Instagram bekannt zu sein? 

Damit komme ich klar. Gebt mir ruhig den Rest. Ich bin halt für jeden Dreck … äh… Spaß zu haben.

Inspirierst Du Deine Follower, selber aktiv zu werden und Müll zu sammeln? 

Genau das war der Grund zur Eröffnung meines Accounts vergangenes Frühjahr. „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Ein tolles Zitat von Gandhi. Es freut mich riesig, dass ich täglich mehrere Nachrichten von Menschen erhalte, die ich zum Einsammeln „invasiver Arten“ inspirieren konnte. Das motiviert mich natürlich weiterzumachen, um noch mehr Menschen für meine Mission zu begeistern.

Was passiert mit den Hinterlassenschaften in Deinem roten Eimer? 

Die siedle ich artgerecht um: in die Mülltonne.

 

Kannst Du Dir vorstellen, Müll-Wanderungen anzuleiten, um Menschen für das Thema zu sensibilisieren? 

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Ich bin für alles offen, um dem Müll endlich eine Abfuhr zu erteilen.

Führst Du außer Deinem Instagram-Account eine Art Tagebuch über die Funde?

Bislang nicht. Aber vielleicht bringe ich ja mal ein Panini-Sammelheft mit den schockierendsten Müllbildern raus…
 

Hast Du schon einmal jemanden auf frischer Tat ertappt, der eine „invasive Art“ in den Wald verschafft hat? Wie hast Du reagiert? 

Ja. Eine Gruppe Jugendlicher hat an meiner Lieblingsbadestelle im Schwarzwald Bonbonpapiere, Capri-Sonnen und Getränkeflaschen entsorgt. Nachdem ich einen kleinen Schnellkurs zum Thema „Müll richtig entsorgen“ gegeben habe, wurde mir mit Ignoranz und abschätzigen Kommentaren der Nachmittag versüßt. Die steigende Vermüllung und Erwärmung der Erde wird wahrlich mit der zunehmenden Kälte einiger Mitmenschen wieder ausgeglichen.
 
 

 

Du bist verheiratet und hast Kinder. Wie vermittelst Du Deinen Kindern das Thema Naturschutz und Müll?

Das ist so simpel wie einfach: Mit gutem Beispiel vorangehen. Meine Kinder werden sich später nicht an ihren besten Tag vor dem Fernseher erinnern, sondern an die gemeinsame Familienzeit in der Natur – die wir respektvoll und wertschätzend behandeln.

Vor welchen „invasiven Arten“ graut es Dir in Zukunft am meisten? 

Ganz klar: Plastik. Im Jahr 2050 schwimmt lmehr Plastik im Ozean als Fische! Spätestens dann sollten wir nicht mehr von Meeresverschmutzung reden, sondern von einer Plastikverwässerung. Und alle Nichtschwimmer können sich freuen – bald können wir nämlich alle übers Wasser laufen…

Gibt es etwas, das Du Deinen Leserinnen und Lesern mitgeben möchtest?

Einen Eimer. Möge der Müll mit euch sein…!

 

Was sind CleanUp-Days?

Zahlreiche lokale Initiativen kümmern sich darum, dass die Naturlandschaft Schwarzwald nicht vermüllt wird. Ihnen schließt sich in diesem Jahr wieder die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) an. Sie organisiert in Kooperation mit der Allgäuer Initiative „Patron Plasticfree Peaks“ vom 23. bis 29. Mai 2022 die „2. Schwarzwald CleanUP-Days“. An dem gemeinschaftlichen Aufräum-Event, gefördert vom Land Baden-Württemberg, sind Naturliebhaber und Schwarzwaldfans aufgefordert, die Natur bei einer Wanderung vom Müll zu befreien. Ausgestattet mit dem kostenfreien CleanUP-Kit aus Zange und Müllbeutel können sich Interessierte mit Gleichgesinnten zusammentun und neben viel Bewegung an der frischen Luft und tollen Begegnungen auch etwas Gutes für die Natur tun.

Bei der Premiere der „Schwarzwald CleanUP-Days“ im vergangenen Jahr sammelten mehr als 1000 Freiwillige über zwei Tonnen Verpackungsmüll, Dosen, Glasflaschen und sonstigen Müll. 

 

 

Text:     Birgit-Cathrin Duval
Bilder:  Sabine Hötzel