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Zeit, Salz, Feuer und Rauch sind die vier Elemente der spannendsten Methode, um eines der wertvollsten und bekömmlichsten Lebensmittel mit feinstem Holz-und Kräuterrauch zu veredeln: den Fisch.

Michael Wickert

Woher kommt deine Leidenschaft für Fisch? 

Ich bin am Bodensee geboren und aufgewachsen. Als ich sechs Jahre alt war, schenkte mir mein Patenonkel ein Angelset und ich fing an, im Dorfbach meiner 3000-Seelen-Gemeinde im Hegau am Bodensee zu angeln. Meine erste Beute, eine Bachforelle, hat meine Oma für uns zubereitet. Die Passion für Fisch hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Ich war während meiner Schulzeit ganz oft zu Besuch im Schwarzwald, hauptsächlich am Schluchsee zum Angeln oder Pilze sammeln. 

Wieso zog es dich vom Bodensee nach Berlin? 

Nach dem Abitur bin ich nach Berlin gezogen, weil man dort "Agrar- und Fischereiwissenschaften" studieren kann. Dort experimentierte ich gemeinsam mit Kommilitonen an Räucheröfen und Räucherprozessen. Weitere Erfahrungen sammelte ich bei einem Studentenjob in einem Schweizer Forellenbetrieb und später beim Fischräuchern in der Uckermark. 2021 zog ich dann, nach fast 20 Jahren, zurück in meine alte Heimat Südbaden, genauer gesagt in den Schwarzwald. Ich bin hier familiär gebunden an die Breisgauer Region über meine Partnerin. 

Du bist 2021 aus der Hauptstadt Berlin quasi direkt aufs Land gezogen. Wie geht es dir damit? Vermisst du die Stadt?

Also einerseits ist es ein echter Segen. Irgendwie war es so bisschen drüber in Berlin, irgendwann kann die Stadt auch nerven und laut sein. Auf der anderen Seite vermisse ich auch vieles hier, aber ich genieße jetzt das Landleben wirklich in vollsten Zügen. Außerdem ist man hier im Schwarzwald gut angebunden, wenn man Kulturangebote wahrnehmen möchte. Ich war zum Beispiel in Basel auf der größten Kunstmesse der Welt und dafür fährt man von hier nur eine Stunde mit dem Zug. Wenn man will, hat man hier im Schwarzwald die ganze Welt zu Füßen.

Welche Bedeutung hat der Schwarzwald in Sachen Fischfang?

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Der Schwarzwald und die Oberrheinregion gehörten früher zu den größten Lachsrevieren Europas. Lachs war damals ein absoluter Superlativ, das weiß man heute gar nicht mehr. Er zog zum Laichen die Flüsse Kinzig, Nagold und Dreisam rauf. An den Ufern waren überall Fischbuden und Räuchereien. Man muss sich das so vorstellen, früher als die Lachse hier die Flüsse hochgezogen sind, den Rhein bis nach Basel bis zum Reinfall, da waren an den Ufern überall Fischräuchereien. Der Fisch wurde in Dosen gepresst. Das war ein wichtiges Lebensmittel und eine ganz wichtige Zeit im Jahr. Der Lachsfang war ein absolutes Privileg von den Obrigkeiten. Mit der Industrialisierung war es dann schnell mit dem Lachsbestand vorbei. Diesen Schatz, diese alte Geschichte, möchte ich wieder heben mit meiner traditionellen Fischräucherei.

 

Deine Fischräucherei liegt auf einem Schwarzwaldhof oberhalb von Freiamt-Mußbach. Warum gerade hier?

Ich hatte großes Glück, diese ehemalige Metzgerei hier zu finden, so was habe ich lange gesucht. Der Vorteil: Es ist eigentlich schon alles da, der Schornstein, ein gefliester Raum, in diesem Fall auch ein ganz toller Verkaufsraum.

 

Woher beziehst du heute deinen Fisch?

Im Schwarzwald gibt es einige Zuchtbetriebe, die oft Familienbetriebe im Nebenerwerb sind. Hier wächst zum Beispiel die Schwarzwaldforelle in Quellwasser auf, das hat Trinkwasser-Qualität. Das habe ich in Norddeutschland und Nordostdeutschland teilweise vermisst. Das war auch ein Grund, wieder hierher zu kommen für die Schwarzwaldfische. 80 Prozent meiner Fische kommen aus dem Schwarzwald und den angeschlossenen Regionen Bodensee und Elsass. Den Lachs, den es hier natürlich nicht mehr gibt, kaufen wir in allerbester Qualität, in Sashimi-Qualität, auf den Färöer-Inseln und im äußersten Nordwesten Schottlands, auf den Äußeren Hebriden, ein.

 

Sashimi klingt sehr Japanisch …

Absolut, das ist auch noch ein Land, das mir fehlt auf der Landkarte. Das ist ein ganz großer Traum von mir, dorthin zu gehen und da eines Tages Fisch zu essen. Man muss wissen, dass Japaner das Fünffache an der Menge von Fisch essen, wie wir das tun. Das hat dort einen ganz anderen Stellenwert.

 

Wie funktioniert eigentlich so ein Räucherungsprozess?

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Das Prinzip vom Räuchern ist ganz einfach. Es gibt das Warm- oder Heißräuchern und das Kalträuchern. Beim Warm- oder Heißräuchern wird der Lachsfisch bei 80 bis 120 Grad gegart und nimmt Rauchgeschmack an. Das Fleisch vom Fisch ist dann etwas brüchiger, gröber. Das Kalträuchern ist die feine Variante. Erst wird der Fisch mit Salz eingetrieben und mit Gewürzen und verliert dann an Feuchtigkeit. Dann kommt er über Tage in den kalten Rauch. Das basiert auch auf alten Räuchermethoden aus den Bauernhäusern. Man hatte früher ja das Küchenfeuer in der Küche, das immer brannte. Und dieser Rauch hat sich abgekühlt im Schornstein. Ganz oben unter dem Dach im Bauernhaus waren die sogenannten Rauchkammern drin, wo der Fisch reingehängt wurde. Durch das Räuchern wurde er haltbar gemacht und von Ungeziefer und Keimen ferngehalten. Und so entstand auch der typische Geschmack. Heute kennt man das vom Schwarzwälder Speck bzw. Schinken. Das Kalträuchern von Fisch ist fast in Vergessenheit geraten. Das machen im Schwarzwald vielleicht noch drei bis vier Betriebe in kleinem Stil. Ich möchte dieser traditionellen Räuchertechnik hingegen meine ganze Aufmerksamkeit widmen und stetig weiterentwickeln und verfeinern.   

 

Wie verkaufst du deinen geräucherten Lachsfisch? Kommen die Kunden zu dir oder fährst du auf Märkte?

Ich habe einen klassischen Hofladen, der freitags und samstags offen hat. Am Freitagnachmittag immer parallel zum Freiamter Bauernmarkt, den ich sehr empfehlen kann. Da gibt es tolle bäuerliche Produkte, Käse usw. Und am Samstag von 10 bis 13 Uhr verkaufe ich meine Fischweckle. In der Nachbarschaft ist ein toller Weinkeller, da kann man sich einen Wein holen und dann hier mit Blick auf den Kaiserstuhl unsere Schwarzwaldfische genießen. Das nächste Projekt ist ein Onlineshop. Ich habe in Berlin und in Brandenburg einige Stammgäste, die weiterhin meinen Fisch haben möchten. Deshalb habe ich gesagt, jetzt bastle ich mir endlich mal den Onlineshop.

 

Du hast "Das Fischräucherbuch" geschrieben. Worum geht es darin?

Richtig, in Zusammenarbeit mit dem Ulmer Verlag. Das ist im Prinzip das Standardwerk zum Fischräuchern. Es beschreibt alles im Detail zu Fischarten, Räucherverfahren und gibt Rezeptideen. Ich hab eineinhalb Jahre lang daran gearbeitet. und sogar ein paar Preise dafür eingeheimst. Ich finde, es ist ein tolles Buch geworden und vielleicht auch nicht mein letztes, der Verlag hat gerade an einer längerfristigen Zusammenarbeit sein Interesse bekundet.

"Das Fischräucherbuch": Wissen & Methoden, Rezepte & Genuss, Ulmer Verlag