Zwei Räder für ein Halleluja
Der Schwarzwald ist ein Radlerparadies! Ob Gravel- oder Mountainbike, Renn- oder Tourenrad: Zwischen Rheinebene, Weinbergen und
Mittelgebirge kommt einfach jeder auf seine Kosten. Auch Anfänger… Ein Bericht von #heimat-Redakteurin Annika Schubert.
Radfahren kommt dem Flug der Vögel am nächsten. Das sagte schon der Naturforscher und Autor Louis J. Halle vor vielen Jahrzehnten. Und der Amerikaner ist nicht der einzige prominente Fan, der beim Thema Radfahren förmlich ins Schwärmen gerät. Für den österreichischen Schriftsteller Arthur Schnitzler ist’s gar „der Strohhalm, mit dem ich mich an die Lebensfreude klammere“. Und selbst ein US-Präsident bekannte sich zu seiner großen Leidenschaft: „Nichts ist vergleichbar mit der einfachen Freude, Rad zu fahren“, sagte John F. Kennedy. Für einen Staatsmann klingt das schon ziemlich poetisch …
Für jeden was dabei
Ob die drei jemals im Schwarzwald mit ihrem Radel unterwegs waren, ist zwar nicht überliefert (und eher unwahrscheinlich). Aber wären sie’s gewesen, hätten sie sich sicherlich in ihren Aussagen mehr als bestätigt gefühlt. Schließlich haben wir das Glück, in einer für Radfahrer nahezu perfekten Landschaft zu leben. Die flache Rheinebene und die höheren Sphären mit ihren Weinbergen und fordernden Gipfeln wie dem Feldberg, der immerhin fast 1500 Meter hoch ist, bieten schließlich nicht nur grandiose Ausblicke, sondern auch unzählige Radtouren-Möglichkeiten – egal, ob man mit einem Gravel- oder Mountainbike, einem Renn- oder Tourenrad unterwegs ist.
„So eine Strecken-Vielfalt gibt’s in anderen Regionen nicht“, sagt Sascha Hotz, der als langjähriger Schwarzwald-Radamateur und Rad-Experte bei der Schwarzwald Tourismus GmbH für das Thema verantwortlich ist, selbstbewusst. Und selbstredend hat er für uns den einen oder anderen Radler-Tipp auf Lager, um diesem Versprechen auch Argumente folgen zu lassen.
Jede Menge Touren im Angebot
Da wäre allein schon die Tatsache, dass sich der Radsport oder auch die gemütliche Familientour durch die tiefer und höher gelegenen Ebenen des Schwarzwalds ganzjährig in einer optimalen Umgebung praktizieren lassen. „Ist’s in der Ebene zu heiß zum Radeln, ist die Temperatur in den Bergen angenehm“, sagt der Rad-Experte. Gleiches gelte natürlich andersherum auch. „Liegt auf dem Feldberg Schnee, kann man unten in der Ebene, etwa rund um Freiburg, immer noch wunderbar mountainbiken“, erklärt uns Sascha.
Dazu locken zahlreiche, auch anfängertaugliche Themenradtouren. Um mal ein paar wenige der Ein- bis Zwei-Tages-Touren im Schwarzwald zu nennen: der Hochschwarzwälder Seenradweg, die familienfreundliche Tour de Murg, die Panorama-Lang-Route oder die Bollenhut-Tour rund um das Gutachtal. Das sind allesamt sehr abwechslungsreiche Strecken mit ruhigen Abschnitten, tollen Aussichten entlang von Seen, Wasserfällen oder durch Moorgebiete – und natürlich gibt’s auf allen Strecken die Möglichkeit, gemütlich in ein Gasthaus einzukehren. Wer sich eine längere Radreise zutraut, kann den Schwarzwald aber auch auf einer mehrtägigen Tour auf fünf vom ADFC-Fahrradclub zertifizierten Landesfernradwegen entdecken: dem Badischem Weinradweg, dem Schwarzwald-Panorama-Radweg, dem Südschwarzwald-Radweg, dem Naturpark-Radweg Mitte-Nord und dem Heidelberg-Schwarzwald-Bodensee-Radweg.
Digital fährt besser
Ob so oder so: „Wenn ihr euch für eine Route entschieden habt, empfehle ich, mit digitaler Navigation zu fahren“, sagt Sascha Hotz und spricht aus seiner eigenen langjährigen Erfahrung. Die GPX-Daten für die jeweilige Tour kann man sich in den Apps Komoot, Outdooractive, von der Website der Schwarzwald Tourismus GmbH oder in der Schwarzwald App herunterladen. Einige Strecken wie zum Beispiel der Badische Weinradweg sind zudem mit gut wiedererkennbaren Schildern gekennzeichnet. Ansonsten zeigen grün-weiße Radwegschilder an, welche Städte und Ortschaften auf dem Weg folgen. „Bei den ausgeschilderten Strecken würde ich trotzdem zusätzlich auf die digitalen Helfer setzen“, empfiehlt Sascha. „Man hat ja nicht immer alles im Blick und damit verfährt man sich einfach seltener.” Für Übernachtungen auf der Tour bieten sich dann die fahrradfreundlichen, vom ADFC zertifizierten „Bett+Bike“-Unterkünfte an – aber das ist noch mal ein Thema für sich (mehr Infos dazu findet Ihr ab Seite 22).
Räder kann man sich vor Ort leihen
Wem die Anreise mit dem Rad im Gepäck zum Startpunkt zu beschwerlich ist – oder wer sich erst einmal auf Renn- oder Tourenrad, Gravel- oder Mountainbike ausprobieren möchte –, der hat vor Ort zahlreiche Möglichkeiten, ein Fahrrad auszuleihen. „In den touristisch aktiven Orten bekommt man überall Räder, viele Hotels haben mittlerweile sogar eigene im Angebot“, erklärt der Rad-Experte. Ansonsten helfen aber auch die Touristinformationen weiter. Die Leihgebühren liegen meist zwischen 30 und 50 Euro pro Tag. Wichtig zu wissen: „Je länger man die Bikes mietet, desto günstiger wird’s“, sagt Sascha und empfiehlt bei der Absicht auf ein mehrtägiges Vergnügen, ein paar Schnupperstunden auf dem Rad einzuplanen: „Ich würde dazu tendieren, das Rad für einen halben Tag mit der Option auf Verlängerung zu mieten. Merke ich, das Rad ist bequem und ich hab’ Spaß an der Sache, dann miete ich es die ganze Woche“, so der Fachmann.
Übrigens: Vermietungen seien oftmals auch spontan möglich. Um sicherzugehen, dass Räder im Verleih verfügbar sind, sollte man sich jedoch besser schon mal am Vortag erkundigen. Oftmals würden Radverleihe die Räder auf Nachfrage sogar bis zum Startpunkt oder zur Unterkunft transportieren.
Liegt der Startpunkt für die Radtour oben auf den Schwarzwaldhöhen, dann gibt’s auch die Möglichkeit, sich mitsamt Bike in die nächste Regionalbahn zu schwingen – das spart Zeit und Muskelkraft. Preise und Uhrzeiten für die Radmitnahme sind allerdings nicht einheitlich geregelt. Im Vorfeld einen Blick auf die Website des jeweiligen Verkehrsbundes zu werfen, ist daher durchaus sinnvoll. Alternativ gibt’s auch noch Radbuslinien, die Radfahrer auf die hochgelegenen Ebenen befördern. „Die Kapazitäten der Busse sind allerdings begrenzt. Am besten kontaktiert man den Betreiber, um zu erfahren, ob E-Bikes oder Radanhänger transportiert werden können“, rät Sascha Hotz. Die Radbusse fahren vom Frühjahr bis zum Herbst, aber lediglich an Wochenenden und Feiertagen. Mehr Infos zu den Fahrplänen gibt’s ansonsten aber auch noch auf der Website der Schwarzwald Tourismus GmbH.
Ist es in der Ebene zu heiß zum Radeln, ist die Temperatur dafür in den Bergen angenehm. Liegt oben Schnee, radel ich rund um Freiburg.
Sascha Hotz, Schwarzwald Tourismus GmbH, über die Vorzüge des Schwarzwaldes
Ab in den MountainBike-Kurs
Auch noch gut zu wissen: „Touristinformationen im Schwarzwald bieten häufig geführte Radtouren an“, erzählt Sascha. Die seien super geeignet für Anfänger und meist sogar kostenlos. „Außerdem lernt man Land und Leute kennen, erfährt etwas über die Umgebung und muss sich um nichts kümmern“, so der Fachmann. Einen Überblick über geführte Radtouren, die übrigens manchmal auch von Locals angeboten werden, gibt’s ebenfalls auf der Website der Schwarzwald Tourismus GmbH. Mountainbike-Anfänger können zudem an Fahrtechnik-Camps teilnehmen. Die Camps werden meist von Mountainbike-Anbietern veranstaltet und sind in der Regel kostenpflichtig. „Das läuft dann wie im Skikurs, nur eben mit dem Fahrrad: Man kann seinen Fahrstil weiterentwickeln, gewinnt an Sicherheit, bekommt Tipps und erkundet zusätzlich die Landschaft“, so unser Radexperte.
Wenn die großen Stars kommen
Und wer dann Lust hat, nach all den größeren und kleineren Unternehmungen mal vom Fahrrad zu steigen, der stellt sich halt an den Straßenrand und jubelt den Radprofis zu, die in ihren Rennen regelmäßig durch den Schwarzwald düsen. Am 24. August zum Beispiel kommt in diesem Sommer die Deutschlandtour nach Villingen-Schwenningen, das wichtigste Radrennen hierzulande. „Dort sieht man die weltbesten Radfahrer auf deutschen Straßen, da ist der Spaß auf jeden Fall programmiert“, freut sich Hotz.
Doch es gibt im Schwarzwald auch einige Rennen und Veranstaltungen, bei denen jeder mitmachen kann. Ganz egal, wie sportlich man ist. Für sportliche Anfänger geeignet sind zum Beispiel der Black Forest Ultra Bike Marathon, der in diesem Jahr vom 12. bis 14. Juli in Kirchzarten stattfinden wird, sowie die Gravel Rallye Rhine Valley rund um den Kaiserstuhl am 12. und 13. Oktober.
Lust bekommen? Dann nichts wie rauf auf den Sattel! Und wenn’s dann hier und dort doch ein bisschen zu steil und anstrengend wird, gibt’s ja immer noch das E-Bike. Mit dem lassen sich selbst die höchsten Schwarzwaldhöhen mittlerweile mühelos erfahren. Nur Fliegen ist schöner. Oder zumindest ähnlich schön. Aber das hatten wir ja schon. Gute Fahrt!
Weitere Tipps für Ausgedehnte Radtouren
Los geht’s am Bahnhof Seebrugg, alternativ kann man die Tour auch in Hinterzarten oder in Titisee starten. Die Strecke führt entlang von Titi-, Feld- und Schluchsee. Unterwegs liegen mehrere Einkehrmöglichkeiten sowie zwei Käsereien und ein Schnapsmuseum. Die eher sportliche Tour ist auch fürs E-Bike geeignet.
5,5 Stunden | 66,9 km | 749 m | 749 m
In acht Tagesetappen führt die Strecke von der Schweizer Grenze durch sieben der neun badischen Weinbaubereiche nach Norden, wo die Tour in Laudenbach an der Badischen Bergstraße endet. Zig weintouristische Highlights liegen auf der Route. Perfekt geeignet fürs Radeln mit dem E-Bike. Die Strecke ist gut ausgeschildert.
etwa 8 Tage | 460 km | 3000 Höhenmeter
Auf den Spuren des Todtnauerlis
Entlang der ehemaligen Schmalspurbahn „Todtnauerli“ führt die Tour von Todtnau bis Zell im Wiesental. Für ein Frühstück bietet sich die Bäckerei Gutmann an. Wer sich
für Kultur interessiert, findet im Textilmuseum in Zell im Wiesental Stoff. Ein mit Fahrradträgern ausgestatteter Bus bringt Euch zurück nach Todtnau.
4 Stunden | 41 km | 301 m | 301 m
Von Rastatt oder Offenburg mit der Bahn bergauf, von Freudenstadt mit dem Rad durchs Murgtal bergab. Zahlreiche Grill-, Rast- und Spielplätze laden zum Verweilen ein. Die Tour ist gut ausgeschildert und besonders empfehlenswert für Familien. In Baiersbronn lohnt sich eine Pause auf dem Minigolfplatz oder im Freibad.
5,5 Stunden | 64 km | 230 m | 842 m
Die Strecke von Freudenstadt bis Offenburg führt fast immer leicht bergab und ist für Genussradler, Handbiker und Familien gedacht. Entlang der Route liegen 17 Bahnhöfe, entsprechend lässt sich die Tour individuell anpassen. Ab Alpirsbach ist der Weg auch für Rollstuhlhandbikes und Räder mit Kinderanhänger geeignet.
8 Stunden | 95 km | 313 m | 815 m
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