Schlendertour mit den Silbermättle-Alpakas

Die Alpakas machen’s vor, wie das so geht mit der Entschleunigung. Eine Schlendertour mit Alpakas ist gemütliches Achtsamkeitstraining, Naturgenuss und Entspannung in einem. Von Birgit-Cathrin Duval

Alpaka Wandern

Alpaka Wandern im Kleinen Wiesental – © Birgit-Cathrin Duval

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Mit ihren langen Hälsen, den großen Augen und den witzigen Wuschelköpfen verbreiten Milo, Indi, Vagabonde, Dante und Ellroy auf Anhieb gute Laune. Neugierig recken sie die Köpfe, als wir uns dem Gehege nähern. Bevor es auf die Schlendertour geht, heißt es für uns erst einmal die Schulbank drücken. Alpakas sind Fluchttiere, erklärt uns Karin Wohlschlegel, Alpaka-Züchterin und Inhaberin von Silbermättle-Alpakas. Damit es mit unserer Schlendertour klappt, bekommen wir alles Wichtige rund um die Alpaka-Haltung vermittelt und lernen, wie sie mit ihrem Ausdruck kommunizieren.

Und dann endlich ist es soweit, wir dürfen uns den Alpakas nähern. Karin hat mir Vagabonde zugeteilt, ein stolzer Alpaka-Wallach, der es faustdick hinter den Ohren hat.

Vagabonde beäugt mich skeptisch. Will er damit andeuten, ob das wohl was wird mit uns beiden? Ich halte ihn locker am Halfter und gucke vermutlich genauso skeptisch wie er. Aber, das haben wir gleich zu Beginn gelernt - sich ruhig zu verhalten, auf Abstand bleiben und keine hektischen Bewegungen machen. Und - bloß nicht streicheln. Alpakas sind zwar Herdentiere, aber sie mögen es gerne auf Distanz. Sowas wie Kuscheln kennen sie nicht und mögen es auch nicht. Erst durch die Interaktion mit den Tieren entsteht Respekt und Vertrauen. Das gilt es erst einmal zu erarbeiten.

Etwas Erstaunliches geht in mir vor, seit ich die Leine von Vagabonde in der Hand halte. Ich bin mit einem Mal im Alpaka-Modus! Diese sanfte, ruhige Ausstrahlung der Alpakas geht augenblicklich auf mich über. Ich erlebe mich und meine Umgebung wacher, konzentrierter und aufmerksamer. Nicht was ich will, ist jetzt angesagt. Ich lasse mich voll und ganz auf das Wesen der Alpakas ein. Ein faszinierendes Erlebnis. Denn, das wird mir und der Gruppe bewusst, nicht wir gehen mit den Alpakas spazieren, sondern sie mit uns. Sie geben das Tempo vor.

Und das bedeutet, dass es erst einmal im Schneckentempo den Berg hinauf geht.

Alpaka Wandern

Stop and Go am Berg

Ein Alpaka, das keinen Fuß vor den anderen setzt, muss man gewähren lassen. Und dann sanft zum Weitergehen ermuntern. Dass das hin und wieder zu komischen Szenen führt, nehmen wir nach nur wenigen Minuten sehr gelassen hin. Stop and Go am Berg. Mit leisen Rufen versuche ich Vagabonde zum Weitergehen aufzumuntern. Denn er ist der Boss. Geht er nicht, bleiben die anderen ebenfalls stehen. Keine leichte Aufgabe, die mir Karin da zugetragen hat. Ich nehm’s gelassen und freue mich, wenn mir Vagabonde vertraut und wir gemeinsam weitergehen.

Mit Vagabonde an der Leine erlebe ich die liebliche Wiesenlandschaft mit diesem unglaublich blauen Himmel, mit den knorrigen Weidbuchen und plätschernden Bächen auf einer viel tieferen Ebene. Harmonie zwischen Mensch, Tier und Natur. Im Alpaka-Modus - chillig, entschleunigend, wohltuend. Und mit viel Lachen und Freude in der Gruppe.

Auf einem ebenen Weg angekommen, ermutigt uns Karin, mit unseren Alpakas zu joggen. Natürlich nur, wenn die auch wollen. Ob Vagabonde will? Er guckt, ich guck zurück. Na dann, los geht’s. Ich halte ihn locker am Halfter, trabe ein paar Schritte, er geht mit, fängt an zu traben, ich trabe ein wenig schneller, er läuft mit. Und hui, flugs laufen wir gemeinsam eine langgezogene Kurve durch das sonnengetränkte Tal, bis ich völlig aus der Puste bin und ich Vagabonde zum Halten bewegen muss. Ganz sachte verlangsame ich das Tempo.

Jetzt haben sich die Alpakas ihr Leckerchen verdient - Karin gibt jeden von ihnen eine Handvoll Mineralfutter zu fressen, das sie begierig kauen. Danach dürfen wir, aber nur, wenn es die Alpakas auch zulassen, sie sanft am Hals streicheln. Vagabonde legt die Ohren an. Ein Zeichen, dass er keine Lust auf Streicheln hat, also respektiere ich das natürlich. Auch ohne Streicheleinheiten fühle ich die besondere Verbindung zu ihm.

Die Sonne wirft ihre letzten Strahlen ins Kleine Wiesental, bald verschwindet sie hinter den Bergen. Auch das habe ich heute im Alpaka-Modus gelernt: Alpaka-Zeit ist kostbare Zeit, in der jeder Augenblick zählt und jede Minute intensiv gelebt wird. Fast bedauere ich es, als wir zurück an der Weide sind, und ich Vagabonde aus der Hand gebe.

Ein bereichernder Nachmittag, an dem ich vieles über die Alpakas und mich gelernt habe, geht zu Ende. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht das letzte Mal Vagabonde am Halfter geführt habe. Und, wer weiß, beim nächsten Mal darf ich ihn vielleicht auch streicheln.

 

Info

Karin Wohlschlegel und ihr Mann Wolfgang züchten seit 2018 in ihrer Heimat Wies Alpakas und bilden sich auf Seminaren kontinuierlich weiter, denn das Tierwohl steht an erster Stelle. Ihre Alpakas wurden intensiv auf den Kontakt mit Menschen vorbereitet. Silbermättle-Alpakas ist ein nach den Qualitätskriterien des Biosphärengebiets Schwarzwald ausgezeichneter Partnerbetrieb, der für Nachhaltigkeit und Natur- und Umweltschutz steht. Die Alpakas leisten als landwirtschaftliche Nutztiere einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege.

Wolfgang ist zudem zertifizierter Biosphären-Guide.

Silbermättle-Alpakas, Geißbergweg 2, 79692 Kleines Wiesental - Wies, Tel. 0152 09897049, silbermaettle-alpakas.de, facebook.com/SilbermaettleAlpakas

Alpaka-Wellnesstouren ab 35 EUR pro Person, Kinder von 5 bis 12 Jahre 20 EUR pro Kind

Exklusivtouren für 2 bis maximal 5 Personen: pauschal 240 EUR

Die Zeit mit den Alpakas dauert zwischen 2-2,5 Stunden.

 

Biosphärengebiet Schwarzwald ist ausgezeichnet als UNESCO Biosphärenreservat

Das Biosphärengebiet Schwarzwald wurde 2016 gegründet und ein Jahr darauf unter den Schutz der UNESCO gestellt. Das 632 Quadratkilometer große Schutzgebiet gewährleistet der Region im südlichen Schwarzwald den Erhalt seiner außergewöhnlich vielseitigen Natur und den der typischen Landschafts- und Bewirtschaftungsformen. Kultur und Wirtschaft, Tradition und Brauchtum, Pflege und Schutz geben hier einander die Hand. Und das unterscheidet das Konzept der Biosphärengebiete von dem eines Nationalparks: Dort hat die freie Entfaltung der Natur Vorrang. Erlebbar wird das Konzept des Biosphärengebiets auf Themenwegen oder bei Führungen mit Biosphären-Guides. www.biosphärengebiet-schwarzwald.de

Birgit-Cathrin Duval

Über die Autorin

Birgit-Cathrin Duval

Der Schwarzwald fängt bei Birgit-Cathrin Duval buchstäblich hinter der Haustüre an. Sie lebt am Fuß der beiden Wildsberge, zwei stolze 1000er im oberen Kandertal. Gemäß ihrem Motto „Verpasse niemals einen Sonnenaufgang“, steht sie frühmorgens am liebsten auf einem ihrer Gipfel. Sie erkundet auf alten, vergessenen Pfaden Berge und Wälder und schreibt Wanderführer, die spannende, kuriose, unheimliche und sagenhafte Geschichten über den Schwarzwald erzählen. Denn „ein Ort ohne Geschichte, ist wie Suppe ohne Salz“. @takkiwriteswww.takkiwrites.com