Diese Namen sind echt der Gipfel
Mal ehrlich: Wären Sie ein Berg, würden Sie sich glücklich schätzen mit dem Namen Schweinekopf? Oder Totenkopf und Tote Mann? Wie wäre es mit Blößling oder Ochsenkopf? Wir stellen einige der schräg klingenden Gipfel vor und verraten, was es mit den Namen auf sich hat. Von Birgit-Cathrin Duval
Feldberg – höchst gelegenes Feld in Deutschland (1493 Meter)
Er ist der höchste Berg Deutschlands außerhalb der Alpen und sieht so gar nicht nach einem majestätischen Gipfel aus. Tatsächlich muss man diesen sogar suchen. Weil es sich um eine Hochfläche handelt, die ziemlich weitläufig und ziemlich grün ist. Gipfelkreuz? Fehlanzeige. Stattdessen werden Wanderer von glücklichen Kühen begrüßt. Understatement war eben schon immer eine Schwarzwälder Tugend, die auch für das höchste Feld im Ländle gilt.
Urkundlich erwähnt wird der Berg im südlichen Schwarzwald um 1123 als „Veltberch“. Vermutlich hat sich das mittelhochdeutsche „veld“ (Feld) durchgesetzt, weil der Berggipfel eben aus einer weitläufigen Hochfläche besteht.
Hochgescheid – der IQ-Berg (1205 Meter)
Der Hochgescheid bei Fröhnd im Wiesental müsste eigentlich Saugescheit heißen, denn das ist das alemannische Wort für ganz schlau, eben Hochgescheid. Ob deswegen nur die auf ihm wandern dürfen, die zuvor den Wissenstest bestanden haben…? Die Frage lautet: Wie viele Berge im Schwarzwald gibt es, die über 1000 Meter hoch sind? Wer aufmerksam liest, findet die Info auf diesen Seiten…
Der Name Gscheid bezieht sich nicht auf die Schlauheit. Er bezeichnet eine Gemarkungsgrenze, der Bergname könnte daher auf eine höher gelegene Gemarkungsgrenze hinweisen.
Blößling – der FKK-Gipfel (1310 Meter)
Das wäre mal ein Marketing-Gag: Weshalb nicht einen Schwarzwälder Berg zur textilfreien Zone erklären? Der Name wäre auf dem Blößling bei Bernau im südlichen Schwarzwald Programm: Klamottenfrei zum Gipfel! Die Sonne brennt auf die Haut, der Rucksack scheuert auf den Schultern, die Brennnesseln hinterlassen schmerzhafte Quaddeln an den Waden. Nee, wir wollen lieber gestylt in funktioneller Outdoor-Kleidung wandern und unsere Selfies auf Instagram veröffentlichen, ohne der Zensur zum Opfer zu fallen.
Der Name stammt von kahl oder baumlos. Denn während des 16. Jahrhunderts waren viele Berge und Wälder quasi kahlgeschlagen und gerodet. Noch heute markieren den Gipfel des Blößling viele baumlose Stellen.
Schweinekopf – der Gämsenberg (1285 Meter)
Nach Schweinen oder gar Schweineköpfen sucht man auf diesem Berg vergebens. Am Fuße des Schweinekopfs, der in der Nachbarschaft des Blößlings liegt, ist mit etwas Glück eine große Anzahl von Gämsen zu beobachten. Hat jemand im Biologieunterricht nicht aufgepasst und kann Schweine nicht von Gämsen unterscheiden? Doch mit einem Schwein hat der Schweinekopf so gar nichts gemein. Wäre dem so, dann müsste der Schweinekopf auf alemannisch nämlich Saukopf heißen.
Vielmehr stammt der Name vom Schweinen, einem alten Wort für Roden. Dabei wurde der Berg vom Holz befreit, das anschließend verbrannt wurde. Der Blößling und der Schweinekopf waren früher beides unbewaldete Berggipfel.
Ledertschobenstein – der Alemannisch-für-Anfänger-Berg (1214 Meter)
Leder-bitte-was für ein Stein? Der Alemanne nennt seinen Kittel oder Jacke einen Tschobe. Ein Ledertschobe ist demnach eine Lederjacke. Und was hat der Stein damit zu tun? Vermutlich hat dort einer seine Lederjacke auf einem Stein vergessen. Seither wird der Ort im südlichen Schwarzwald, übrigens mit schöner Rastbank, eben Ledertschobenstein genannt.
Die Lederjacke samt Stein hängt am Baum, damit auch Nicht-Alemannen*innen das Wortspiel verstehen. Von welchem Typ die Jacke stammt, konnte bislang nicht ermittelt werden. Hinweise nehmen wir gerne entgegen!
Tote Mann – der Geisterberg (1320 Meter)
Der Name jagt einem einen kalten Schauer über den Rücken. Wer weiß, vielleicht geistert er noch immer dort in der Höhe herum, der tote Mann. So abschreckend der Name, so schön ist die Aussicht bei Oberried im südlichen Schwarzwald.
Seinen Namen verdankt der Berg tatsächlich einem toten Mann. Einem Holzmacher sprang die Schneide von der Axt, just in dem Augenblick, als sich seine Hand im Spalt des Holzklotzes befand. Das Holz drückte sich zusammen, die Hand war derart eingeklemmt, dass er sich nicht mehr befreien konnte. Erst nach vielen Tagen fand man den armen Holzhauer, der dort oben elendig verdurstet und verhungert war. Seither sagen die Einheimischen „droben beim toten Mann“.
Hohe Möhr – der Berg mit Hausnummer 41 (989 Meter)
Die Hohe Möhr bei Schopfheim im südlichen Schwarzwald dürfte der einzige Berg mit eigener Hausnummer sein. Das Kuriosum geht zurück auf einen Versicherungsfall im Jahr 1922, als der Turm am 22. Juni nach einem Blitzschlag abbrannte. Der Name Hohe Möhr leitet sich von dem keltischen Wort Moria ab, das eine Sumpflandschaft beschreibt.
Die beiden Gleichen – der Busenberg des Schwarzwalds (1018 und 1086 Meter)
Sie sehen tatsächlich wie Zwillingsberge aus, deswegen werden der Wildsberg, 1018 Meter, und der Hohwildsberg, 1086 Meter, die beiden Gleichen genannt. Der Keltenforscher Roland Kroell bezeichnete sie als „Busenberg des Schwarzwalds“ und zieht den Vergleich zu den „Paps of Anu-Bergen“ in Irland, die überliefert soviel wie die Brüste von Anu heißen. Vielleicht wurden die beiden Gleichen im Kleinen Wiesental früher als Bergheiligtum der Göttin Abnoba verehrt, der Göttin der Wälder und Quellen.
Hoher Ochsenkopf - von der Viehweide zum Naturrefugium (1054 Meter)
Der Hohe Ochsenkopf ist die höchste Erhebung im Landkreis Rastatt im nördlichen Schwarzwald. Seine Gipfelkuppe liegt im Nationalpark Schwarzwald. Früher gab es dort einen Aussichtsturm, der 1971 nach einem Blitzeinschlag jedoch gesprengt werden musste.
Ursprünglich wurde die flache Bergkuppe, damals noch unbewaldet, als Viehweide genutzt. Inzwischen hat der Wald den Berg zurückerobert und seit 1975 steht der Hohe Ochsenkopf unter Naturschutz. Viele seltene und vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten haben sich angesiedelt, darunter der Dreizehenspecht.
Merkur - der Berg des Götterboten (669 Meter)
Der Hausberg von Baden-Baden im nördlichen Schwarzwald verdankt seinen Namen nicht etwa dem kleinsten Planeten unseres Sonnensystems. Bis ins 17. Jahrhundert war er als Großer Staufen bekannt, weil seine Form an einen umgedrehten Trinkbecher, der früher Stauf genannt wurde, erinnert. Als auf dem Gipfel ein Votivstein entdeckt wurde, der das Abbild des Gottes Merkur zeigt, taufte man kurzerhand den Berg um.
Dahinter steckt der römische Gott Mercurius, der als Gott der Händler, aber auch der Diebe gilt. Der Götterbote war für finanziellen Wohlstand und das Überbringen von Nachrichten zuständig. Purer Zufall oder die Gunst der Götter, dass sich in Baden-Baden das Funkhaus des SWR und das berühmte Casino befinden?
Über die Autorin
Birgit-Cathrin Duval
Der Schwarzwald fängt bei Birgit-Cathrin Duval buchstäblich hinter der Haustüre an. Sie lebt am Fuß der beiden Wildsberge, zwei stolze 1000er im oberen Kandertal. Gemäß ihrem Motto „Verpasse niemals einen Sonnenaufgang“, steht sie frühmorgens am liebsten auf einem ihrer Gipfel. Sie erkundet auf alten, vergessenen Pfaden Berge und Wälder und schreibt Wanderführer, die spannende, kuriose, unheimliche und sagenhafte Geschichten über den Schwarzwald erzählen. Denn „ein Ort ohne Geschichte, ist wie Suppe ohne Salz“. @takkiwrites, www.takkiwrites.com
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