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#heimat-Redakteur Pascal Cames beim kräftigen Abschlag
#heimat-Redakteur Pascal Cames beim kräftigen Abschlag – © Jigal Fichtner/#heimat Schwarzwald

Gesammeltes Halbwissen über Fußballgolf: Das Spiel ist eine Mischung aus Golf und Fußball. Das Spielgerät ist ein Lederball. Statt auf einem Feld spielt man auf Bahnen, üblicherweise sind es 18. Ähnlich wie beim Golfen muss man einlochen. Da nicht jeder ein Messi, Musiala oder Mané ist, geht der Ball auch mal ins Aus. Im Fußballgolf sagt man Rough dazu, wenn der Ball im Gras liegen bleibt. Es gibt weder Halbzeiten, Pausen noch eine festgelegte Spieldauer. Und es gibt keine 50 Fußballgolfplätze in Deutschland. Muss man dann noch sagen, dass das Spiel in Deutschland so gut wie unbekannt ist?

Kein Körperkontakt, kein Abseits

Die Ortenau kann sich glücklich schätzen, dass sie einen Fußballgolfplatz hat, nämlich in Dundenheim. Dort im Ried ist Platz genug zwischen Mais- und Kartoffeläckern. Besagte Spielstätte ist ein ehemaliger Fußballplatz. Neben der Seitenlinie stehen sogar noch die Häuschen, wo früher rauchende Trainer in Trainingsanzügen saßen, die dann urplötzlich aufstanden, die Kippe wegschnippten, in die Luft sprangen und sich abklatschten. Oder sie bellten was Saublödes in Richtung gegnerischer Mannschaft. Der Boden ist mittlerweile bickelhart und für ein echtes Fußballspiel so geeignet wie Arnold Schwarzenegger fürs Ballett. Bei einem echten Fußballspiel würde man sich wohl die Knochen brechen, wenn es hart auf hart käme. Aber im Fußballgolf gibt es keinen Körperkontakt. 

Yannick Harter ist der Platzwart. So wie er ausschaut, hager und mit roten Retro-Adidas, könnte er auch Reporter bei der Fachzeitschrift „Elf Freunde“ sein. Würde man Yannick mitten in der Nacht aufwecken, hätte er die Regeln parat. Yannick weiß alles über Fußballgolf. Und er macht Mut: „Spielen kann jeder“, sagt er. „Auch wenn man kein Fußballspieler war.“ Das Ziel lautet: So wenige Schüsse wie möglich. Heißt, wenn man zwei oder drei Schüsse braucht, um die Kugel im Loch oder einem Netz zu versenken, ist das ein Wort. Braucht man mehr, dann geht’s in Richtung zweiter Sieger. Alle Schüsse, ja sogar nur lausige Ballberührungen werden als Punkte gezählt. Man ahnt es, je mehr Punkte, desto schlechter. Da eine Runde über 18 Bahnen geht, wird es auf jeden Fall zweistellig. Die Hindernisse sind knifflig. Der Ball muss in eine Art Topf gelupft werden, er muss über Barrieren fliegen, er muss durch Röhren kullern und so weiter und so fort. Hinter der Planung steht entweder KI oder ein absoluter Könner. „Man kann es nicht lassen“, sagt Yannick, der selber gerne spielt.

Spitzkicken erlaubt

Zudem gibt es Pfeile. Zwar ist klar, wohin die Bälle fliegen sollen, aber es ist wie im echten Leben, geradeaus ist selten. Besagte Pfeile sagen uns, dass das Hindernis ein Pflichthindernis ist. Also wenn da ein Baumstamm liegt, dann muss der Ball drüber fliegen und nicht vorbei. Wenn die Bahn eine 90-Grad-Kurve nach links macht, dann muss der Ball auch diese Kurve mitmachen. Tricky. Wenn aber kein Pfeil da ist, dann darf man bolzen, wie man will. Apropos bolzen. Beim Rasensport heißt es ja, bloß nicht spitzkicken. Hier ist es erlaubt. Auch „gefühlvoll mit der Sohle streicheln“ (Yannick) wäre ok. Ob nun so oder so, Hauptsach’, s’bringt ebbs, wie man uff Badisch sagt. Yannick rät uns: „Immer step bei step“, und wirft uns die Bälle zu. „Fußballgolf ist ein Konzentrationssport.“ In unserer Tietge-Feierabendmannschaft sind ehemalige und aktive Hobbykicker sowie junge Hirsche in den Zwanzigern wie Thomas und Rohollah, die Kung Fu bzw. gar keinen Sport gemacht haben. Eine wichtige Sache noch: Es gibt kein Abseits.

Schon auf der ersten Bahn kommen die großen Zweifel. Der immer optimistische Phillip spricht von einem Trauerspiel. Das Ziel ist klar, ja, es ist sogar vor Augen. Allerdings liegt dahinter ein Biotop mit Bäumen. Aber entweder bringt’s der Fuß nicht oder der Ball will nicht, zudem ist der Boden nach zehn Wochen Hitze wie schlecht gegossener Beton. Yannick: Der Platz ist der Horror! Der Ball verspringt und landet mal neben der abgesägten Birke oder geht links oder rechts an der Eiche (jetzt sind wir schon im Dschungel) vorbei. Da wir keine Macheten dabeihaben, müssen wir uns sonst wie behelfen. Darf man die Kugel ein bisschen zur Seite legen? Da wir die Regeln grad nicht parat haben, drücken wir ein Auge zu. Aber Thomas springt schon mal in die Luft. „Drin!“ Er hat’s mit wenigen Schüssen gewuppt. Schau mer mal …

Der Überflieger

Wo viel Kraft ist, fliegen die Bälle auch mal in Richtung Mars. Rohollah ist so ein Fall von Dynamik in frühen Jahren. Andere wie Grafiker Stefan orten die Landschaft effektiv mit weniger Krafteinsatz aus. Dort, wo der Acker schon abgeerntet ist, sieht man einen graubärtigen Mann mit Schirmmütze der Sonne entgegenlaufen und den Ball suchen.

Was haben wir gelernt? Es heißt doch Rough! Phillip: Ein Trauerspiel. Wir erleben an diesem späten Nachmittag alles: Gewaltschüsse, filigrane Ballberührungen und fast schon tragische Umleitungen, als der Ball auf einen Stein trifft (warum liegt der da?) und er so ordentlich zurückkommt wie ein Echo in den Schweizer Alpen. Die Ansage „einfach mal geradeaus“ ist zwar gut gemeint, aber bekanntlich ist das nicht immer gut gemacht. Hier sind Männer am Werk, die zu weit gehen – müssen! Gerade dann, wenn Kraft im Spiel ist oder Hindernisse wie ein Baum.

Flach spielen, hoch gewinnen

Seine tragischen Momente erlebt das Spiel dort, wo die rote Fahne weht. Am Loch. Womöglich könnte auch ein Toni Kroos versagen, die Männer am Feierabend aber garantiert. Es ist wie verhext, dass die Bälle einen Moment vorm Loch umgeleitet werden oder am Loch filigran (dieses Wort!) die Leerstelle umkurven. Oder es wird mal simpel vorbei getreten. Klappt’s dann doch, ist die Freude groß. Tooor! Jemand, es war wahrscheinlich Thomas oder Simon, spricht von „flach spielen, aber hoch gewinnen“. Man ahnt die Situation, der Ball fliegt hoch und weit, vielleicht sogar schön, aber nicht dahin, wo er hin soll. Die Krönung liefert Phillip ab: Der Ball landet im Maisfeld, wird aber wenigstens wiedergefunden.

Das Spiel endet anders als gedacht. Nicht die alten, erfahrenen Spieler, die intuitiv zwischen Spitz, Feingefühl und Dr. Hammer changieren, gewinnen das Match, sondern die vermeintlich Ahnungslosen. Die Nichtfußballer Rohollah und Thomas haben mit Abstand die wenigsten Schüsse gebraucht. Meine Wenigkeit hat’s versemmelt. Zu oft habe ich den Ball ins Gebüsch (ja, es heißt Rough) gebolzt. Revanche? Muss sein! Denn ohne Rückspiel ist das erstmal gar nichts, oder? Revanche!

Infos zu Fußballgolf: Die Mischung aus Fußball und Golf stammt aus Schweden. Ziel ist es, mit so wenigen Schüssen wie möglich einen Fußball einzulochen. Der Spieler mit den wenigsten Schüssen gewinnt. Am 13. Oktober 2024 findet im Soccer Park der Wettbewerb „Ortenau Open“ statt. Mitspielen kann jeder, der will.

Auch mal Spitzkicken?

Soccerpark Ortenau, Offenburger Str. 68,
Neuried-Dundenheim. Eintritt: 13 Euro, Kinder 9 Euro, Familie 35 Euro, Saisonkarte 180 Euro. Am besten mit Anmeldung. Telefon: 0 78 07 / 6 42 10 66, www.soccerpark-ortenau.de

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