Bad Wildbad liegt idyllisch zwischen tiefgrünen Schwarzwaldbergen im Enztal. 1977 brummte der Kurbetrieb, Bad Wildbad hatte eine Million Übernachtungen im Jahr, so viele wie kein anderer Kurort in Deutschland.
Damals wurde das Neue Eberhardsbad als Kurmittelhaus hochgezogen. „Viel zu groß. Man hat sich grandios verspekuliert“, sagt Frank M. Rieg, ehemals Geschäftsführer der Wildbader Bädergesellschaft. „3000 Anwendungen am Tag waren geplant, diese Zahl wurde nie erreicht. Nach der Gesundheitsreform 1996 ging es drastisch bergab und im Jahr 2000 mussten wir schließen.“ Der 1997 gebaute Umgehungstunnel beruhigte zwar die Innenstadt: „Aber dann fuhren die Leute erst mal an Bad Wildbad vorbei.“
Der Ort reagierte auf die Krise mit Diversifizierung und Verjüngung. „Der Kurbetrieb spielt heute längst nicht mehr die Rolle wie einst“, sagt Rieg: „Es kommen nur noch die wirklich Kranken zur Kur, aber die sind in den Kliniken untergebracht und haben dort ihre Anwendungen.“
- Luxuriös baden und sich verwöhnen lassen
Die Übernachtungszahlen liegen heute bei 250.000, ein Viertel des einstigen Werts – jetzt aber geht es wieder aufwärts. „Das Image Bad Wildbads hat sich gewandelt“, sagt Rieg stolz. Das opulente Palais Thermal wurde mit enormem finanziellen, planerischen und künstlerischen Aufwand wieder zu einer luxuriösen Badelandschaft. „Zu den ambulanten Kurgästen finden wir nicht mehr zurück“, sagt Rieg: „Dafür ist uns die Umstellung auf Wellnesstourismus gelungen. Wir knüpfen natürlich an die Thermaltradition an, aber die meisten Gäste kommen wegen der Sauna.“ Neben Ganzheitskonzepten für Körper, Geist und Seele setzt der Ort auf einen Wandel beim Publikum.
Die 2002 eröffnete Stadtbahn aus Karlsruhe markierte den Umschwung, weil seither vermehrt Tagesgäste ihren Weg ins abgelegene Wildbad finden. Der bereits 1999 eröffnete Mountainbike-Park machte das frühere Kranken- und Seniorenparadies für eine jugendliche Zielgruppe interessant. Und mit der Eröffnung des barrierefreien Baumwipfelpfads, der auf dem Sommerberg über Bad Wildbad über 40 Meter hoch aus dem Nordschwarzwälder Wäldermeer ragt, verfügt Bad Wildbad über einen überregional attraktiven Publikumsmagneten für alle Altersklassen: „Im ersten Jahr zählten wir 250.000 Gäste“, erläutert der ehemalige Bad Wildbader Tourismuschef Bernhard Mosbacher: „Davon profitieren natürlich auch die Cafés, Restaurants, Bäder und Hotels.“
- Modernisierungen für einen progressiven Tourismus
Einen ähnlichen Weg schlägt auch das nahe Bad Teinach-Zavelstein ein, wo Thermalbad und Thermalhotel modernisiert wurden und ganz andere Zielgruppen als bisher in den Ort locken. Und auch Bad Liebenzell, neben Bad Herrenalb der vierte Ort im Bunde des Nordschwarzwälder Thermalquartetts, sieht die Zukunft in Modernisierung und neuen Zielgruppen.
„Wir haben uns viel zu lange darauf verlassen, dass die Gäste sowieso kommen“, analysiert Kerstin Schillinger, vormals Tourismusdirektorin des Badeortes. Die Zeichen stehen auf Aufbruch: „Die Staubschicht herunterwedeln“ nennt das Schillinger. Man wolle vor allem die Bereiche „Gesundheit“ und „Natur erleben“ enger verzahnen – sinnvoll in einer Gegend, deren Kapital die herrlichen Wanderwege und die ehrwürdigen Thermalbäder sind.
So wurde die Paracelsus-Therme 2013 für 4,7 Millionen Euro grundsaniert und erstrahlt seither in neuem Glanz, als nächstes steht das Kurhaus an. Neue Hotels und Cafés eröffnen ihre Pforten. Wichtig für die Zukunft sei die Schaffung und Vernetzung von attraktiven Angeboten vor Ort, aber vor allem die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen in der Region: „Wir haben hier viele tolle Einzelprojekte“, sagt Schillinger und nennt die Eislaufhalle, die Wanderstrecken oder den Philosophenpark, ,,aber wir müssen diese besser miteinander vernetzen. Es gibt ja heutzutage keinen Gast mehr, der zwei Wochen an einen Ort kommt und diesen nicht mehr verlässt“. Folgerichtig müsse die ganze Region Nordschwarzwald als Marke gestärkt und vermarktet werden. Der eingeschlagene Weg ist der Richtige, davon sind sie alle überzeugt.
Text: Patrick Kunkel