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Umbau und Sanierung eines denkmalgeschützten Schwarzwaldhofs – Kulturdenkmal von besonderem Rang, markant und ortsbildprägend
Architektur / Stadtplanung
Martin Wider BiB GmbH, Schluchsee-Fischbach
Bauherrschaft
Maria und Jürgen Grieshaber
Fertigstellung
2021
Auszeichnungen
Bauwerk Schwarzwald e.V. Architekturroute 2022
Geschichte
Der Wildenhof in Lenzkirch-Raitenbuch wurde 1728 in der für die Hochlagen des Schwarzwaldes typischen Ständer-Bohlenbaukonstruktion erbaut und weist in weiten Teilen noch originale Bausubstanz auf. Erwähnenswert sind hier der vollständig erhaltene Dachstuhl mit einer Dachfläche von 1.100 qm und eine der letzten erhaltenen Rauchküchen im Schwarzwald. Das 6.800 m3 Volumen umfassende Gebäude war ursprünglich Teil eines geschlossenen Hofguts mit umfangreichem Landbesitz.
Die Erwerbsgrundlage war die Landwirtschaft in Form von Viehzucht und Ackerbau, während die Forstwirtschaft im 18. Jh. aufgrund fehlender Erschließung nur eine untergeordnete Rolle spielte.
1860 war das geschlossene Hofgut nicht mehr vorhanden und die Flächen größtenteils veräußert. Bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde der Wildenhof landwirtschaftlich im Nebenerwerb bewirtschaftet und zuletzt als biologisch-dynamisch wirtschaftende Landwirtschaft in der Selbstvermarktung verpachtet. Mit dem Eigentümerwechsel 1990 begann eine 30-jährige Sanierungszeit.
Umbau und Sanierung
Mit Unterstützung des Architekten Prof. Dr. Ulrich Schnitzer und in Zusammenarbeit mit der Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg wurde ein Sanierungskonzept entwickelt. Dies beinhaltete, das Gebäude unter Berücksichtigung des materiellen, konstruktiven und funktionellen Zusammenhangs zu seiner originalen archaisch-bäuerlichen Formensprache und Haptik zurückzuführen. Die zukünftige Nutzung sollte entsprechend der Gebäudegröße eine tragfähige wirtschaftliche Grundlage bilden.
1990 befand sich das Gebäude in einem äußerst schlechten baulichen Zustand, geprägt durch starke Verformungen, abgängige Schwellenhölzer, bauliche Eingriffe sowie der aufgrund des Hangdruckes baufälligen Bergmauer. Die möglichen Nutzungsoptionen waren wegen der starken Verformung und des hohen Schutzstatus wesentlich eingeschränkt. Abgesehen von nachträglichen Einbauten zeigte sich die Rauchküche jedoch weitgehend in einem sehr guten Erhaltungszustand.
Die Achsenstruktur des Ökonomieteils war noch klassisch durch die quer zum First angelegte und durch die gesamte Hausbreite verlaufende Zonierung gekennzeichnet. Die Wohnteil-Achsen und die Ökonomie sind heute noch klar erkennbar, auch lässt sich die Innenstruktur heute noch an der Außenfassade ablesen.
Die erste Sanierungsphase zog sich bis zum erneuten Eigentümerwechsel 2020. Zu diesem Zeitpunkt war das Gebäude in eine gewerbliche Nutzung (60%) und in eine Wohnnutzung (40%) unterteilt. Die gewerbliche Nutzung erstreckt sich bis zum heutigen Tag auf die südlich gelegene Werkstatt, die zu Büroräumen umgebauten Gangkammern sowie die obere Tenne (Lagerhaltung).
Die Herausforderung für alle Restaurierungsarbeiten am Wildenhof ist der Umgang mit den extremen Verformungen des Gebäudes, d.h. die Schräglage der Konstruktion talseits zu stabilisieren und die behutsame Wiederherstellung der funktionalen Gebrauchstauglichkeit. Von der Grundschwelle bis an den First weist das Gebäude eine Neigung von 1.30 m auf. Zur Stabilisierung wurden mit dem Einbau zusätzlicher Streben und einer statischen Scheibe über der Decke des Obergeschosses im Bereich der Stube zusätzlich stabilisierende Maßnahmen umgesetzt.
Die inneren Ständer-Bohlenwände weisen ein hohes Maß an originaler Substanz auf. Diese konnten mit Teilergänzungen und im Zusammenhang mit der teilweise erhaltenen Stubendecke wieder in die alte Situation versetzt werden. Die historische Rauchküche wurde für eine ständige Bewohnung nutzbar gemacht, die veraltete Stückholzheizung durch eine leistungsfähige Holzpelletsheizung ersetzt.
In allen Restaurierungsphasen war das Wissen um handwerkliche Zimmerungstechniken von elementarer Wichtigkeit und wurde mit modernen Mitteln umgesetzt. Konstruktive handwerkliche Lösungen wurden aus der Bestandsituation entwickelt und in situ (Zug-um-Zug) umgesetzt. Die Verwendung ökologischer Bau- und Dämmstoffe zieht sich durch alle Sanierungsabschnitte. Ebenso wie der Einsatz regionaler Handwerksbetriebe.1992 bereits wurde vom Ingenieurbüro Prof. Dr. Ulrich Schnitzer ein Brandschutzkonzept ausgearbeitet. Das ausgearbeitete und genehmigte Brandschutzkonzept stellt heute noch ein Qualitätsmerkmal des Wildenhofes dar und soll kontinuierlich fortgeschrieben werden. Mit den durchgeführten Maßnahmen erreicht der Wildenhof den Standard KFW Effizienzhaus-Denkmal und erfüllt somit die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes.
Unterm Strich
Anfang der 50-er Jahre wurde der Wildenhof auf Initiative von Hausforscher Prof. Hermann Schilli, Begründer des Freilichtmuseums "Vogtsbauernhof", als ein "besonders schützenswertes Objekt – Schwarzwaldhof mit besonderem Erhaltungswert" eingestuft. Der Hof besticht durch seine Strahlkraft und sein ortbildprägendes Erscheinungsbild am oberen Ende des Tales. Dies macht ihn nicht nur zum Identifikationspunkt, sondern auch zum Wahrzeichen des Raitenbucher Tals.
Dem Gebäude einerseits seine überlieferte Struktur und sein architektonisches Gesamtbild zurückzugeben sowie andererseits sein archaisches Erscheinungsbild, welches die Schwarzwälder Höhenhäuser über Jahrhunderte prägte, wiederzufinden, entsprach im Zusammenhang mit einer zeitgemäßen Nutzbarkeit der grundlegenden Zielsetzung und wurde in allen Restaurierungsmaßnahmen verfolgt.
Kontakt
Adresse
Wildenhof
Raitenbucher Straße 31
79853 Lenzkirch-Raitenbuch
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