Architektur / Stadtplanung
storz.architektur, Freiburg
Bauherrschaft
Katharina und Johannes Bodemer (privat)
Fertigstellung
2018
Auszeichnungen
Bauwerk Schwarzwald e.V. Architekturroute 2022, Holzbauten in Südbaden -100 ausgewählte Projekte -regional.klimaschonend.zeitgemäß (2020)
Beschreibung
Auf den Grundmauern einer der ältesten Kirchen des Breisgaus, der ehemaligen Kirche St. Peter in Waldkirch (Erbauung zwischen 700 und 900), entstand 1824 ein Hof mit Scheune und Stallungen, welcher unter der damaligen Bevölkerung auch als das „Petershäusle“ bekannt war. 1966 wurde dieser Eindachhof für zeitgemäße Wohnzwecke und Landwirtschaft weiter ausgebaut und schließlich 2017 umfangreich umgebaut und saniert.
Entwurf
Der bestehende Eindachhof liegt freistehend am Ortsrand, nahe einer Landstraße im Übergang zur freien Landschaft auf dem historischen Grund einer ehemaligen Kirche (St. Peter). Der neue Dachreiter ist ein Anklang an diese Historie. Die ortstypische Bauform mit Aufteilung von Wohn- und Ökonomieteil wurde , angepasst an die Bauherrenwünsche, im Grundsatz erhalten: ein Pferdestall, zwei kleine Wohneinheiten sowie eine großzügige Maisonettewohnung.
Die Raumbildung im Ökonomieteil ist eine Zuordnung von großen Räumen (Wohnraum mit Galerie und Terrassenraum bis in den Dachspitz, großräumiger Pferdestall) und kleineren privateren Räumen. Die Schlafräume im Dachgeschoss des Wohnteils wurden durch einen Durchbruch in der Trennwand zum Ökonomieteil hin geöffnet und der Maisonettewohnung zugeordnet. Das Dach wurde im Gesamten erneuert, das weit auskragende Vordach auf der Eingangsseite in der Konstruktion beibehalten. In der Dachfläche wurden dort Glasflächen eingefügt, wo Aus- und Durchblicke gewünscht waren. In die rückwärtige Seite ist eine langgezogene Dachgaube integriert, deren durchgehendes Fensterband einen freien Landschaftsblick ermöglicht. Der Eingangsbereich erstreckt sich hinter der Bestandswand über einen Luftraum bis unter die Dachhaut. Der somit offene Treppenraum ermöglicht aus seiner geschützten Lage heraus vielfältige Blickbeziehungen. Der innerhalb der Bauform liegende „Terrassenraum“ auf der Giebelseite öffnet sich mit seiner halboffenen Lamellenfassade und der großen "Fensteröffnung" nach außen hin zur Landschaft.
Material / Konstruktion
Der massiv gebaute Wohnteil wurde äußerlich nahezu unverändert saniert, im Innern aber in kleinere Einheiten aufgeteilt. Die Holzkonstruktion des Ökonomieteils (bisheriger Kuhstall mit Heulager) konnte nicht erhalten werden und wurde abgebrochen. Die Außenwände waren aus baurechtlichen Gründen in großen Teilen zu bewahren,weshalb der neue Holzbau innerhalb der verputzten Bestandswände erstellt wurde. Beide zusammen bilden eine zweischichtige Wandkonstruktion.
Das Holz im Außenbereich wurde farbig lasiert, im Innenbereich hingegen naturfarben und unbehandelt belassen. Die Innengestaltung beruht auf dem Zusammenspiel von Holz in seiner natürlichen Erscheinung und weißen Flächen.
In den Fassaden interagieren verputzte, ruhige Wandflächen mit neuen halboffenen Holzlamellenfassaden. Die Fenster- und Fassadenelemente sitzen in der 2. Ebene in den neuen Holzbauwänden hinter den Wandöffnungen der Bestandswände. Alt und Neu überlagern sich.
Nachhaltigkeit / Energetisches Konzept
Die heutigen energetischen und bautechnischen Anforderungen konnten hier auch ökonomisch umgesetzt werden. Die Heiztechnik wurde als Erdflächenkollektoren unter dem zukünftigen Reitplatz installiert.
Unterm Strich
Die Geschichte dieses besonderen Ortes reicht über 1000 Jahre zurück. Von einer Kirche über einen Bauernhof bis hin zur heutigen Nutzung als Wohnhaus mit Stallungen. Als Zeugnis jener Zeiten finden sich im Petershäusle noch heute Steine, Mauerwerke und Fundamente. Als nicht privilegierte Bauherren (keine Landwirte) im Außenbereich zeitgemäß ökologisch nachhaltig und ökonomisch zu bauen war eine besondere Herausforderung, die baurechtlichen Hürden waren extrem hoch. Zudem galt es die hohen Anforderungen von Natur-, Gewässer-, Veterinär- und Denkmalschutz stets einzuhalten - Altes bewahren und Neues erfahren.
