Rathaus Hirsau
1808 gebot eine Anordnung König Friedrichs, „daß von den schönen Ruinen des Klosters Hirschau nichts abgebrochen und geändert werden solle …“. 1820 wurden zum ersten Mal ein Schultheiß und ein Gemeinderat gewählt. Aus den „Kloster-Hintersaßen“ wurden Bürger. 1830 erfolgte die Unterzeichnung des Vertrags zwischen der Staatsfinanz-Verwaltung und dem Schultheißen, dem Bürger-Ausschuss und den Gemeinderäten mit der Übergabe etlicher Immobilien, darunter die alte Hofmeierei (s. Bild, später Rathaus), dazu 91 Morgen Wald und 171 Morgen Feld-, Wiesen- und Garten-Grundstücke. Damit wurde Hirsau endgültig eine eigenständige Gemeinde innerhalb des Oberamts Calw.
Frauenwahlrecht – erste Gemeinderätin in Hirsau
Ende des 1. Weltkriegs 1918 gab der Rat der Volksvertreter eine Erklärung ab mit dem Schluss: „Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen". Damit konnten Frauen ab 1919 in ganz Deutschland das erste Mal wählen oder gewählt werden. 80 % nutzten ihr Wahlrecht zur verfassunggebenden Nationalversammlung, 300 stellten sich zur Wahl und errangen 37 Sitze von 423. 1919 bewarb sich die 66-jährige Witwe Antonie Stälin auf der Liste der Bürgerlichen Partei für den Gemeinderat und wurde auf Anhieb mit 71,5 % der abgegebenen Stimmen gewählt. In ihrer Fremden-Pension versorgte sie einen Kreis von Musikliebhabern und war wegen ihrer Verdienste in der Kriegszeit Trägerin des Charlotten-Kreuzes. Als sie nach Calw zog, gab es in Hirsau einen Nachruf: „Es ist eine Denkwürdigkeit und ein Zeichen der Wertschätzung, welcher Frau Stälin sich hier erfreute, daß sie, sobald das Gesetz hiefür Raum gab, in den Gemeinderat gewählt wurde und für alle Zeiten auserkoren ist, den Reigen etwaiger Nachfolgerinnen anzuführen…“
Weitere Gemeinderätinnen
Nach 1933 war Frauen die Berufung in den Gemeinderat verwehrt. Die von den Nationalsozialisten erlassene Deutsche Gemeindeordnung schrieb vor, dass Frauen auch nicht zu Bürgermeistern oder Beigeordneten berufen werden können. Erst 1948 wurde wieder eine Frau in den Gemeinderat gewählt. Katharina Burg kandidierte auf der Einheitsliste Hirsau-Ernstmühl und errang den besten Listen-Platz. Damit war sie die erste weibliche Gemeinderätin nach dem 2. Weltkrieg. Ab 1975
fanden Gemeinderats-Wahlen für die Große Kreisstadt Calw statt, da durch die Gemeindereform jetzt Hirsau, Altburg, Stammheim und Holzbronn zu Calw gehörten. Helene Greiner (1916-1981) und Rosemarie Pfrommer (1937-1987) schafften es in den Hirsauer Ortschaftsrat, letztere zusätzlich in den Calwer Gemeinderat. Dazu gesellten sich die Sozial-Arbeiterin Hildegund Ederer und Berta Soulier, die wegen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekam. Nachdem der Frauenanteil in späteren Wahlen kontinuierlich wuchs, kam es 2024 zu einem dramatischen Rückgang.